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Krippenkunde

Volkskunde - Krippenkunde 2    

Aspekte einer Volkskultur in Tirol    

Herbert Jenewein

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Volkskunde - Krippenkunde 2   
Aspekte einer Volkskultur in Tirol   
1 Einführung   
2 Krippenkultur - Volkskultur   
3 Die Krippenkultur in Süd-, Ost- und Nordtirol im 20. Jahrhundert   
3.1 Die Krippenkunst im Südtiroler Vinschgau   
3.2 Die Krippenkunst des Osttiroler Pustertales   
3.3 Die Krippenkunst in Nordtirol, unter besonderer Berücksichtigung der Region Jochberg bis Kössen   
Literaturverzeichnis   
Zum Autor   

1 Einführung    

Als Absolvent der Studienrichtung Volkskunde ist es dem Autor ein Anliegen, eine weiterführende Studie zum Grundwissen in Volkskunde vorzulegen. Interdisziplinarität ist heute eine Forderung, der der Autor in den einzelnen Kapiteln nachkommt.

Ausgangspunkte der Überlegungen sind das Interesse an der Kultur, insbesondere an der Erzählforschung und Traditionen im eigenen Bereich/ "Eigenen" und dem "Anderen". Der Dialog zwischen dem Volksleben und den Äußerungen in den Einflussbereichen ist zutiefst eine Herausforderung für die Volkskunde.

2 Krippenkultur - Volkskultur    

Im Folgenden wird auf die Kippen- und Volkskultur in Süd-, Ost- und Nordtirol im 20. Jahrhundert, im Südtiroler Vintschgau, Osttiroler Pustertal und Nordtirol der Region Jochberg bis Kössen eingegangen.

3 Die Krippenkultur in Süd-, Ost- und Nordtirol im 20. Jahrhundert    

Durch den herrschenden Zeitgeist am Ende des 18. und am Beginn des 19. Jahrhunderts erhalten die Krippenbauer auch von der ländlichen Bevölkerung immer mehr Aufträge für Kirchenausstattungen und den Bau von Krippen. Es entstanden kleinere und größere Werke der Volkskunst. Das Betätigungsfeld des Volkskünstlers bildete die kleinere Form.

Im alten Tirol entstand eine Krippenkunst mit unterschiedlicher regionaler Ausprägung. Durch hervorragende Schnitzer, Krippenbauer und Maler wurden die Krippen zu einem wichtigen Bestandteil des Dorflebens. Bekleidete Krippen mit geschnitzten oder aus Wachs gegossenen Gliedmaßen bilden die ältesten Formen der Krippenkunst. Meist waren die bekleideten Krippen in Kirchen und Kapellen anzutreffen, in denen sie im 19. Jahrhundert zur Blütezeit heranreiften.

Die Weihnachtskrippen in den drei Tiroler Landesteilen führten zu einer Teilung in zwei Gruppen:

  • Krippen, die von Krippenkünstlern geschaffen wurden, die sich an Krippentypen anlehnen (zum Beispiel Giner, Nissl, Bachlechner, Speckbacher u. a.). Diese sind vor allem im mittleren Inntal und im Pustertal anzutreffen.
  • Krippen, die mit anderen Maßstäben zu messen sind. Es handelt sich um Werke der bäuerlichen Bevölkerung, der Knappen oder anderer Laienkünstler. Diese versuchen ihre eigenen Vorstellungen vom Weihnachtsgeschehen und ihrer Umgebung darzustellen.
Die erste Gruppe wird in der Tiroler Krippenliteratur in einem positiven Zusammenhang erwähnt. Anders ist es mit der zweiten Gruppe. Diese wird nur in wenigen Beiträgen thematisiert, wenn man vom „Schnalser Kirchenbüchl“ (vgl. W. DUSCHEK, Schnalser Krippen, Naturns 1984) absieht (vgl. auch MENARDI, Das Tiroler Krippenbuch, 90)

Die Geburt Jesu Christi wird in den Tiroler Krippen in einer verständlichen, idealisierten Gebirgslandschaft dargestellt, die an die heimatliche Umgebung erinnert. Es finden sich in einem bunten Nebeneinander heimatliche Gebäude mit exotischen Pflanzen und Tieren. Viele Krippen sind stufenweise aufgebaut. Die ummauerte Stadt gleicht dem himmlischen Betlehem mit einem bekrönendem Berg. Dieser Bauplan ist bei vielen Kastenkrippen noch erkennbar, wobei die eingesetzten Engels- und Königsfiguren meist Typen aus dem Volk repräsentieren. Sie sind meist mit unterschiedlichen landwirtschaftlchen Gerätschaften bei der Verrichtung verschiedener Tätigkeiten dargestellt.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beschränkt man sich auf das Wesentliche des biblischen Weihnachtsberichtes im Stil der Nazarener in den Kirchen. Als lokale Ausprägungsorte dieser Stilrichtung sind vor allem das mittlere Inntal und das Pustertal zu nennen. In den übrigen Teilen Tirols bleibt die Krippe weiterhin mit der Welt des Barock verbunden.

Zum Begriff „Nazarener“ gibt es Folgendes zu sagen. Romed RIEDMÜLLER (1855-1890) ist als erster Vertreter der nazarenischen Richtung in der Thaurer Krippenkunst zu nennen. Dadurch änderte sich das gewohnte Schaubild der Thaurer Krippe zunächst noch nicht. Erst durch die Werke Romed PLANKs werden die typischen Merkmale der nazarenischen Krippenkunst zum Ausdruck gebracht.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Kohlegger-Krippe? in Innsbruck, eines von vielen Werken, welches die Schnitzkunst des Alexander Öfner in Zirl maßgeblich beeinflusst haben. Weitere wichtige Namen des nazarenisch-romantischen Krippenstils sind unter anderem Schnorr von Carolsfeld, Josef von Führich und Franz Pernlochner d. Ältere. Ihren Höhepunkt in Tirol erreicht diese Richtung allerdings im Krippenwerk des Historienmalers Max GEHRI, der besonders als Maler von Krippenlandschaften geschätzt wurde.

Inspiriert wurden die Werke Gehris hauptsächlich von Edmund von WÖRNDLE. Zu den bekanntesten Krippenlandschaften Gehris zählen die der Mayr-Krippe?, der Prantl-Krippe?, der Tschoner-Krippe?, der Schatz-Krippe?, der Ringler-Krippe? in Innsbruck und der Tragseil-Krippe? in Lans. Der Name Romed SPECKBACHER steht für die Fortsetzung der örtlichen Thaurer Schnitztradition, wobei auch der gleichnamige Sohn in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist. Mit der Zeit näherte sich die nazarenische Richtung der Thaurer Krippenkunst jedoch immer mehr der orientalischen an, aber auch die Stilrichtungen Sezession und Jugendstil übten einen Einfluss aus. Noch heute gelten die Speckbacher Krippen als unverkennbarer Typus der nazarenischen Krippenkunst (vgl. RINGLER, Die Krippensammlung des Tiroler Volkskunstmuseums, 4)

Durch das erzählende Moment und einer gewissen Unbekümmertheit werden geschichtliche Ereignisse und unsere Gegenwart nebeneinander gestellt. Der Nazarener Joseph Führich entwarf einen biblisch-romantischen Stil. In der Folge orientierten sich danach auch die in Südtirol beheimateten Schnitzwerkstätten und andere kirchliche Kunstanstalten.

In weiterer Folge brechen immer mehr Menschen zu Pilgerfahrten ins heilige Land auf. In der Krippenkunst will man den Bericht über die Geburt Christi in der ursprünglichen Umgebung widerspiegeln. Sowohl die Krippenschnitzer, als auch die Krippenbauer und Hintergrundmaler legen großen Wert auf eine genaue Wiedergabe. Die orientalischen Krippen lösen die bisherigen größeren heimatlischen Hauskrippen ab.

Durch die Ausbreitung der Nazarener und der orientalischen Krippen sind in verschiedenen Landesteilen immer mehr alte Krippen mit volkstümlichen Figuren verschwunden. Die Krippelemandln wurden auf Dachböden gelagert. In vielen Fällen ersetzten sogenannte Trautnermandln (aus der Kunstanstalt Trautner in Innsbruck) gemalte Gipsfiguren oder aus Krippenbögen ausgeschnittene Papierfiguren. Als gegensätzliche Richtung der orientalischen Krippe formt Josef Bachlechner um 1900 den Typus der „Tiroler Krippe“, indem er das Weihnachtsgeschehen kurzer Hand in die alpine Landschaft versetzt. Kindlich wirkende Figuren verbreiten sich durch Postkarten mit Krippenfiguren zum Ausschneiden. Sehr detailliert erfolgt nun der Nachbau heimatlicher Gebäude und auch die Hintergrundmalerei lässt Schlüsse auf bekannte Täler und Orte zu. Durch die Verbreitung von Krippenbögen und -karten werden Krippen im Stil Bachlechners in ganz Tirol bekannt. Vor allem durch die Zunahme von Krippenbaukursen wird der Tiroler Stil, neben dem orientalischen, immer beliebter. (MENARDI, 92) Für eine zeitgemäße Modernisierung der Tiroler Krippe steht das Werk von Ludwig PENZ (vgl. MENARDI, 93)

In der heutigen Zeit wird unser Verständnis über Krippen vor allem durch die Bemühungen der Krippenvereine geprägt. Ging es zunächst vorrangig um die Erhaltung sowie Wiederaufstellung alter Krippen, so versinnbildlichen heute die Krippenkurse eine Hinwendung zu den Handwerkskünsten und stellen ein Gegenbild zur Schnelllebigkeit unserer Zeit dar. All diese Bestrebungen ermöglichten auch die Verwendung von Krippen als Schaufensterdekoration, als Dorf- oder Stadtkrippe in der Öffentlichkeit üblich, was jedoch von manchen Krippenfreunden durchaus auch kritisch gesehen wird.

Konstatiert Josef RINGLER in seinem Buch „Tiroler Krippen unserer Zeit“ (1966) noch eine Abwendung der Krippen vom traditionellen Schaubild, so zeigt die heutige Entwicklung eine Hinwendung zur traditionellen Form der Krippe mit verstellbaren Figuren und selbstgebasteltem Hintergrund, wobei die Krippe des akademischen Bildhauers immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird. Insbesondere die moderne Ausprägung der Krippenkunst ist weitestgehend ein Werk von Laien (vgl. MENARDI, 93).

3.1 Die Krippenkunst im Südtiroler Vinschgau    

Wirtschaflich gesehen war das Vinschgau bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein von Armut geprägtes Tal, wobei dies besonders für den oberen Vinschgau und die am Sonnberg gelegenen Höfe gilt. Doch speziell diesen Tälern entstammen Künstler wie Bildhauer, Maler und Dichter. Allerdings war es in diesen Gegenden um die Krippenkunst nicht besonders gut bestellt, weil viele dieser Künstler aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse gezwungen waren den Aufenthaltsort zu wechseln. (Menardi, S. 94-95)

In jedem größeren Ort gab es meist eine besonders ausdrucksstarke Krippe, wovon viele bis heute erhalten sind. Die aus dem Vinschgau stammenden Krippenfiguren des 19. Jahrhunderts wurden auf einer Nassereither-Krippe? aufgestellt. Einen besonderen Namen haben sich im oberen Vinschgau zum Beispiel der Malser Bildhauer Martin Adam (1855-1938) mit seinen Kirchen- und Hauskrippen sowie die Brüder Beyr (Falatschhof) aus Glurns gemacht. (Reider, S. 30) Zusätzlich gibt es viele neuere Krippen mit ausgeschnittenen (Krippenbögen von J. Bachlechner oder J. B. Oberkofler), gekleideten (nach Vorbild von Prälat Konrad Lechners), geschnitzten und gefrästen oder auch Plastik- und Gipsfiguren italienischer Herstellung, die nicht minder weihnachtliche Stimmung in den Kreis der Familie tragen soll. (Menardi, S. 95)

Ferdinand Plattner (1869-190), ein Kanonikus, der als großer Krippenapostel gilt, hatte trotz seiner Inhaftierung in der NS-Zeit? die Möglichkeit in Schlanders beim Bau von Krippenbergen, Ausbessern von Krippenfiguren und Aufstellen von Krippen in verschiedenen Privathäusern mitzuhelfen. So beeinflusste er das Krippengeschehen in dieser Gegend. (Plattner, S. 8)

Die vorherrschende Richtung der Krippenkunst in den Kirchen des Vinschgaus sind zu allererst Bretterkrippen. Beispielhaft für diese Stilrichtung sind die Werke des Monsignore Johann Baptist Oberkofler (1895-1969), der für die Pfarrkirche zur hl. Katharina in Schluders im Jahr 1937 und die Pfarrkirche in Reschen im Jahr 1960 die Anbetung der Hirten und der Könige malte. Als weiteren Vertreter lässt sich Hans Pescoller aus Bruneck festmachen, der sich für die Krippe in der Pfarrkirche von Stilfs verantwortlich zeigt.

Ebenso bekannt und gleichzeitig eine der ältesten ist die Bretterkrippe in der Pfarrkirche von Kortsch, dessen Schöpfer Florian Kortsch ist, einem Vinschgauer Maler, der allerdings nur von regionaler Bedeutung ist. Auch in der Pfarrkirche von Naturns ist eine Bretterkrippe mit den anbetenden Hirten und huldigenden Königen aufgestellt, diese wird dem Meraner Künstler Josef Wengenmayr (1723-1804) zugeschrieben. (Menardi, S. 95)

In der Pfarrkirche von Tschars ist eine im Jahr 1937 angeschaffte Krippe mit geschnitzten Figuren aufgestellt, die zum Teil ein mit Moos bedecktes Gelände aufweist, das sich vor der gemalten Dorfansicht des Ortes befindet. Weiters befindet sich in der Pfarrkirche von Martell eine „Nazarenerkrippe“, jedoch vervollständigt diese Aufzählung der Kirchenkrippen nur zum Teil. (Menardi, S. 95)

Auch bei den Hauskrippen gibt es Exemplare, die in besonderem Maße hervorstechen: Nämlich eine in einem Bauernhof in Kortsch sowie eine in einem ehemaligen Gasthof in Göflan. Jene aus Kortsch dürfte in etwa um das Jahr 1860 entstanden sein und ist in eine Stubenecke des Bauernhofes eingebaut. Die Begrenzung dieser Krippe wird durch die Verwendung von Tannenzweigen erreicht, welche mit Strohsternen und Lametta geschmückt sind. Bei der Positionierung des Tuchberges, der von gezäunten Wegen durchzogen ist, wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass beide Seiten hinab zur Geburtsgrotte führen. Das Vorhandensein verschiedener Gebäude auf den Bergabsätzen, zum Beispiel die etwas erhöht rechts von der Geburtsgrotte stehende enggebaute, vieltürmige Stadt, eine Versinnbildlichung Betlehems, verdeutlicht den Sinn für Detailgenauigkeit in der Südtiroler Krippenkunst. Die Stadtmauern wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt ergänzend hinzugefügt. Mehrere Hirten ziehen mit ihren Schafen zur Anbetung des göttlichen Kindes, wobei zu beiden Seiten der Grotte Leuchterengel positioniert sind. In den Figuren auf dem Berg zeigen sich verschiedene Bevölkerungsschichten aus dem Volk, nämlich einen Hirten mit Dudelsack, Störhandwerker, Müller, Schindelklieber, Bauersfrauen, Jäger und andere. Sogar auf die Tierwelt wurde bedacht genommen, denn auf den höchsten Bergspitzen befinden sich Gemsen. Die geschnitzten und mit bunten Ölfarben bemalten Figuren besitzen eine Größe von 6,5 bis 12,5 cm und wurden von verschiedenen Künstlern geschaffen. Diese stammen zum überwiegenden Teil aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, genauer gesagt nach 1860, wobei eine der jüngeren Figuren im Jahr 1908 geschnitzt wurde. (Menardi, S. 95)

Ganz an den barocken Stil angelehnte Hauptfiguren der Krippe in Göflan entstanden um das Jahr 1800, die auf die Hand eines unbekannten Meisters schließen lassen. Die verwendeten Figuren – Geburtsgruppe, Hirten und Könige weisen eine Höhe von ca. 20 cm auf und stehen auf profilierten Sockeln, die im Laufe der Zeit um verschiedene Figuren mit den üblichen Bodenbrettchen ergänzt wurden. Ein Krippenberg aus geleimten Tuch, welches über einem Rohrgestell modelliert wurde, ist im vorderen Bereich von einer Balustrade begrenzt. Die eigentliche Geburtsgrotte zeigt durchwegs neugotische Züge. Dabei stechen vor allem die eingezäunten Wege und die Archtiktur-Versatzstücke? hervor, diese sorgen für die Gliederung des gestuften Berges, wobei dieser am Ende des 19. Jahrhunderts geschaffen wurde. Kraxentrager, Jäger, Hirten, Kühe, Auerhähne, Löwen und Gemsen lassen sich in den Nebenszenen erkennen.

Besonders die Bildhauer Karl Grasser (geb. 1932) in Kortsch sowie Friedrich Gurschler auf der Töll sind in diesem Zusammenhang erwähnenswert. Der Erstgenannte begann seine Ausbildung als Knecht beim Eyrscherbauern, wo er seine erste Krippe schnitzte und sich damit sein Geld verdiente. Die Kortscher Krippe stammt aus dem Jahr 1947 und ist immer noch im Besitz des Künstlers, nicht jedoch die Krippenreliefs und -figuren, die sich in Privatbesitz im In- und Ausland befinden. Dabei spiegeln seine Figuren die eigene Auffassung von der Krippe wieder, teilweise sind sie aber auch an die Bachlechnervorbilder angelehnt. (Menardi, S. 95/ 97)

Eine besondere Erwähnung müssen auch die Kleinkrippen des Untervinschgaus in Form von Schnalser Krippen in Tabland und Naturns finden. So wird die moderne Schnalser Krippe Friedrich Gurschlers in den Schnalser Krippen rezipiert. (Menardi, S. 97)

3.2 Die Krippenkunst des Osttiroler Pustertales    

Einleitend muss man erwähnen, dass das Hochpustertal gemeinsam mit dem Osttiroler Pustertal als regionale Einheit innerhalb der Krippenkunst dieser Gegend zu sehen ist. Der Name Anton Stabinger spielt in Kartitsch eine große Rolle, denn er ist verantwortlich für den Bau eines orientalischen Berges einer Kastenkrippe, deren Figuren von Johann Gwercher und Johann Seisl geschnitzt wurden. (Menardi, S. 128-129) Ein weiteres Beispiel für die Osttiroler Krippenkunst sind die von Josef Sint geschnitzten Figuren für die Mesnerhof-Krippe? (Ebner, S. 18). Diese sind vom Stil her sehr auf das Wesentliche konzentriert, wobei auch seine Kartitscher Krippen die Hand eines Volkskünstlers erkennen lassen.

Im Mittelpunkt der Darstellungen steht die Geburt Christi, die im Besonderen nach dem 2. Weltkrieg immer beliebter wurde. Die bereits seit Jahrzehnten angebotenen Kippenbaukurse führten zu einer weiteren Belebung der Krippenkunst, sodass es heute kaum mehr ein Haus in Kartitsch gibt, in dem heute nicht mindestens eine Krippe aufgestellt ist. (Menardi, S. 129)

Weiters stoßt man im Villgratental noch teilweise auf die Grödner „Schachtelemandln“. In Außervillgraten verfügt die Kirche über zwei Krippen, von denen die ältere an der Seitenaltarmensa angebracht ist. Der dazugehörende Berg steht auf einem aus leimgetränktem Tuch modelliertem Grundriss. Bei dieser Krippe besteht die Möglichkeit den Ruinenstall mit dem Darstellungstempel auszuwechseln. Im Hintergrund ist eine vom Orient inspirierte Landschaft zu erkennen. Von den dargestellten Szenen stammen drei aus dem Weihnachtsbericht: Nämlich einerseits die Anbetung der Hirten, die Darstellung im Tempel und die Anbetung der Könige. Diese im Nazarenerstil gebaute Krippe und der Berg wurden lt. Pfarrchronik von Pfarrer Rabensteiner dem vorigen Besitzer Conrad Herst im Jahr 1898 abgekauft. Die jüngere der beiden Kirchenkrippen, eine Geburtskrippe mit Engel, erwarb im Jahr 1955 der Außervillgrater Pfarrer Lercher. Der ursprüngliche Aufstellungsort befand sich im Konvent Maria Weißenstein und war über dem Tabernakel aufgestellt. (Menardi, S. 129)

Eine Besonderheit in Kartitsch ist die Aufstellung eines weihnachtlichen Zeichens in den Häusern der Gemeinde. Am häufigsten sind dies in Krippenbaukursen selbst hergestellte Krippenberge aus Wurzeln, Rinden und Moosen, die mit aus Lienz und Innichen stammenden Pressmassefiguren in Szene gesetzt werden. Dabei sticht bei diesen Kleinkrippen besonders die Aussparung des Hintergrundes ins Auge. In diesem Zusammenhang ist im Speziellen jene Krippe von Augustin Webhofer zu nennen, einem in Elbigenalp ausgebildeten Schnitzer. Auch eine Krippe von Adrian Egger, die in den Sechzigerjahren entstand und mit Figuren von Willi Rainer aus Innervillgraten, die im Jahr 1965 hergestellt wurden, ausgestattet ist, muss an dieser Stelle erwähnt werden. Der Berg dieser Krippe wurde im selben Jahr von der Krippenbauerin Anna Schett-Walder?, ebenfalls aus Innervillgratten, geschaffen. Hier findet man auch wieder die Grödner Schachtelmandln und einige andere Figuren, die im 19. Jahrhundert entstanden sind. In einem von Anton Leiter geführten Geschäft war es in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch möglich Tonfiguren, vermutlich aus Pressmase, zu erwerben. (Menardi, S. 130)

Im Gegensatz dazu besitzt die Mehrheit der Krippen aus Innervillgraten geschnitzte Figuren. Dies sind vor allem Grödner Figuren, Eigenarbeiten und Ähnliches. Der Brauch des Krippenschauens in den privaten Haushalten ist aber im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit geraten. (Menardi, S. 130)

In Strassen, einem Ort im Haupttal, findet man drei Krippen vor. Im Jahr 1920 erwarb man eine Grödnerkrippe im orientalischen Stil, die mit einem Moos-Rindeberg? ausgestattet ist. Im Zuge des Krippenbaukurses von 1950 wurde schließlich ein neuer Krippenberg geschaffen. Der Bildhauer Rogl erschuf im Jahr 1981 eine weitere Krippe, die der Kirche als Leihgabe des akadem. Malers Oswald Kollreider integraler Bestandteil der Kirche wurde. (Menardi, S. 130)

Auch gekleidete Holzfiguren findet man in der Gemeinde Abfaltersbach in den beiden Pfarrkirchen, die ungefähr zur selben Zeit, nämlich um das Jahr 1800, entstanden sein durften. Für K. Maister ist jene in der Pfarrkirche St. Andrä in Abfaltern aufgestellte und die „wohl originellste Kirchenkrippe Osttirols“. (Meister, S. 18) In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden eine Köpfe der Krippenfiguren von Franz Schneider geschnitzt, wobei die Krippe selbst in den Jahren 1880-1890 erstmals restauriert wurde. Die dargestellten Szenen beinhalten die Anbetung der Hirten, den Königszug, die Anbetung der Könige, die Darstellung im Tempel, der zwölfjährige Jesus im Tempel und die Hochzeit von Kana mit der „Krippenküche“, die als besonders beliebt gilt. Die auf dem rechten Seitenaltar der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Abfaltersbach aufgestellte Krippe ist der zuvor genannten sehr ähnlich. Die Kirche selbst wurde etwa im Jahr 1900 restauriert und dadurch musste die Krippe bis 1945 im Unterdach des Widums, ohne besondere Pflege aufbewahrt werden.

In der heutigen Zeit ist man wieder um eine Instandhaltung bemüht, denn die Figuren werden zum Teil noch in der Originalkleidung gezeigt und sind von besonderer Prunkhaftigkeit. Die Ausgestaltung der Köpfe dieser Figuren lässt auf einen Schnitzer bäuerlicher Herkunft schließen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Stallruine gerichtet, die in den 1960er Jahren einer Renovierung unterzogen. Vor dieser werden nun die Szenen der Anbetung der Hirten, der Königszug, die Anbetung der Könige, die Darstellung im Tempel und der zwölfjährige Jesus im Tempel gezeigt. (Menardi, S. 130-131)

Im besonderen Maße stechen unter den Figuren der Hauskrippen jene aus den Händen von Toni Kollreider, Franz Niederwanger und von einem unbekannten Künstler aus Gröden hervor. Auch der aus Pfalzen stammende Pfarrer Franz Xaver Niederwanger (1835-1917) schnitzte bereits während seiner Kooperatorenzeit in Dölsach zwei größere Krippen. Nachdem er eine Pilgerfahrt ins heilige Land unternahm, wechselte er zur orientalischen Stilrichtung. (Menardi, S. 132)

Hie und da entdeckt man in manchen Häusern noch kleine Kastenkrippen, die der letztgenannte Pfarrer für einige Familien als Erinnerungsstücke schuf. Beispielgebend soll nun eine dieser Krippen näher beschrieben werden: In der ersten Ebene des Kästchens befindet sich die Geburtskrippe der Hirten, darüber befinden sich in der zweiten Ebene die aufbrechenden Weisen. Die naiv geschnitzten und bunt bemalten Figuren sind mit dem Rindenberg fest in das wenig tiefe Kästchen montiert. Rückseitig lässt sich folgende handschriftliche Widmung erkennen: „Zur Erinnerung an die Herz Jesu-Sekularfeier? /: 1796-1896 :/ und als Andenken der Familie Kantschieder zum Weihnachtsfeste im Jahre 1896 von Fr. N. Pfarrer in Abfaltersbach.) (Menardi, S. 132) Eine aus der barocken Spätzeit des Klassizismus (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts) stammende Bretterkrippe in der Pfarrkirche von Anras wird Paul Troger zugeschrieben. (Kollreider, S. 269 ff.) Sie weist eine große Ähnlichkeit, sowohl in der Komposition, als auch in der Farbgebung mit der Lienzer Franziskanerkirche auf, weshalb vermutet wird, dass sie aus der Hand des selben Künstlers stammt. Am Hochaltar befinden sich die dazugehörenden Figuren, wobei der Stall eine ältere Provenienz aufweist. (Menardi, S. 132)

Der Anraser Künstler Toni Kollreider (1904-1980), ein Schüler Plattners, steuerte für manche Krippen seine Figuren zu. Besonders hohen Bekanntheitsgrad erlangte die Krippe beim Ulderer in Rain, der sich mit großer Begeisterung für Krippen interessierte. (Kollreider, S. 150) Die beiden Ulderer Anton Stabinger und J. Oberthaler modellierten im Jahr 1910 einen orientalischen Berg, dem neben Betlehem auch die Stadt Jerusalem, von einem älteren Krippenberg stammend, eingebunden wurde. Karl Untergasser zeichnet sich dafür verantwortlich den Hintergrund im Jahr 1911 gemalt zu haben. Geschmückt ist diese Krippe mit etwa 9-11 cm hohen Gwercherfiguren. Auch auf einem Stabingerberg in Asch finden sich Figuren von Johann Gwercher sowie Franz Niederwanger. Weiters hat sich der Anraser Josef Mascher unter den Krippenbauern einen Namen gemacht. (Menardi, S. 132-133)

3.3 Die Krippenkunst in Nordtirol, unter besonderer Berücksichtigung der Region Jochberg bis Kössen    

In der Überlieferung zählt besonders die Jochberger Kirchenkrippe, geschaffen von Matthäus Schiestl (1834-1915), zu den erhalten gebliebenen Werken dieses Künstlers. Der aus geleimtem Tuch und auf Holzstöcken angebrachte Berg sowie eine enggebaute mehrtürmige Stadt über einer Gebirgsgrotte, durch Zäune begrenzt und bekrönt mit Bergspitzen, charakterisieren zusammen mit den aus Meisterhand geschnitzen und gefassten Figuren den Baustil Schiestls. Eine Besonderheit dieser Krippe stellt die Austauschbarkeit des Stalles und des Tempels dar. Folgende Darstellungen lassen sich in der Szenerie erkennen: Geburt, Beschneidung, Königszug, Anbetung der Könige, Darstellung im Tempel, der zwölfjährige Jesus im Tempel und die Hochzeit zu Kana. Ein Schnitzer aus Hippach im Zillertal schuf im Jahr 1857 die Figur des 12-jährigen Jesu-Kindes?. Es lassen sich verschiedene Typen unter den Gesetzeslehrern aus der Szene mit Jesus im Tempel erkennen. Eine Besonderheit ist die figurative Inszenierung der Hochzeit von Kana. (Menardi, S. 140)

In der Stadt Kitzbühel befindet sich eines der herausragendsten Werke Johann Giners d. Ä., nämlich die Kirchenkrippe in Kitzbühel. Auch die Kirchenkrippe in Reith b. Kitzbühel verfügt über Krippenfiguren aus der Hand Johann Giners d. Ä. und hat ihren Ursprung in der selben Zeitspanne, wie jene aus Kitzbühel. Üblich ist in vielen Haushalten die Aufstellung von hauseigenen Krippen während der Weihnachtszeit. Auch die Bemühungen des Kitzbüheler Krippenvereins trugen zu einer Wiederbelebung des Krippenwesens bei. Die in den Privathaushalten aufgestellten Krippen stammen häufig von folgenden bereits Bekanntheit erlangten Namen: Sepp Baumgartner, Otto Moroder, Vinzenz Baldmair, Franz Chr. Erler, Stefan Lanthaler, Johann Kirchmair, Johann Seisl und anderen. Daneben gesellen sich aber auch Arbeiten von heimischen Künstlern, wie Heinrich Zauner, Adalbert Graswander, Josef Haas und Simon Adelsberger sowie weiteren namentlich nicht genannten Künstlern. Einen Stellenwert nimmt die Erber Bauernkrippe ein, die aus der Hand des Vordererber Bauern Josef Haas geschaffen wurde. Bemerkenswert sind bei dieser Kastenkrippe sowohl der Berg wie auch die volkskundlich sehr bedeutsamen Figuren. (Brandstätter)

Die seit mehreren Jahrzehnten bestehenden Schulkrippenbaukurse, hier im Besonderen jene der nunmehrigen Neuen Mittelschule 2 in St. Johann i. T., trugen zu einer Verbreitung der Krippenkultur bei. Die Kirchdorfer Kirchenkrippe ist mit bekleideten Figuren geschmückt, die aus der Kitzbühler Pfarrkirche entnommen wurden. Die chronologischen Aufzeichnungen der Kitzbüheler Kirchpropstrechnungen lassen darauf schließen, dass die dortige Weihnachtskrippe von den Kirchdorfer Gemeinde erworben wurde. (Rupert, S. 102-126) Ein besonderes Merkmal der verwendeten Figuren sind die Wachsköpfe und geschnitzten Hände, die mehrheitlich noch mit der ursprünglichen Kleidung ausgestattet sind. Es wäre allerdings aufgrund der Abnüzungserscheinungen notwendig, diese einer Restaurierung zu unterziehen. (Menardi, S. 141)

Die Kirchenkrippe in Fieberbrunn ist im Rokoko-Stil? gehalten und zeigt hauptsächlich Darstellungen von Hirten, die Huldigung der Könige und die Flucht nach Ägypten. Jene Krippen, die in Privathaushalten aufgestellt sind, weisen geschnitzte oder aus Krippenbögen gefertigte Figuren auf. (Menardi, S. 141)

Im Gegensatz dazu steht in der Hochfilzener Kirche eine bis ins 19. Jahrhundert zurückdatierende Krippe, die von einer Baronin aus Ungarn zur Verfügung gestellt wurde. Manche der Figuren sind in ungarischer Tracht gekleidet. (Menardi, S. 141)

In Waidring wiederum ist in der dortigen Kirche eine Kastenkrippe mit geschnitzten Figuren und einer Hintergrundmalerei, welche die Ansicht von Waidring zeigt, aufgestellt. Eine Restaurierung dieser Krippe fand im Jahr 1982 statt. (Manardi, S. 141)

Seit 1915 verfügt Schwendt über eine eigene Kirchenkrippe, deren Figuren vermutlich von einem Lehrer aus Fieberbrunn geschnitzt wurden. Die ca. 100 im Dorf anzutreffenden Krippen sind zumeist mit geschnitzten Figuren ausgestattet, eine davon gehört zu einer alten Hofkrippe. (Menardi, S. 141-142)

Von besonderem Prunk sind die in Gold gefassten Figuren der Kössener Pfarrkirche, die im bis 18. Jahrhundert zurückreichen. Hier wurde auf einen gemalten Hintergrund verzichtet und stattdessen eine barocke Holztafel angebracht. (Weinold, S. 608-610)

Literaturverzeichnis    

Zum Autor    

APS - Lehramt (1970, 1975/ 1976) - APS - Lehrer, Studium Volkskunde/ Institut für Volkskunde-Europäische? Ethnologie/ Universität Innsbruck/ Mag. phil. (2005)

Buchautor:

"Wandern zu Sagen und Mythen im Wilden Kaiser" (Innsbruck 2002)

Reihe "Volkskundliche Aspekte" Teil 1 (2022) und Teil 2 (2023), Akademiker Verlag

Verschiedene Publikationen u.a. "Die Jenischen, Karrner/" in Tirol, Südtirol und der Schweiz, "Die Manharter" im Brixental (am Übergang vom 18. in das 19. Jhdt.)

"Almsagen aus den Almregionen Österreichs, Südtirols, Bayerns und der Schweiz", in: Fachzeitschrift für den mitteleuropäischen bergbäuerlichen Raum/ Innsbruck 2020-2021

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 24. Februar 2024