Netzwerk Gegen Gewalt - Ein Offenes WikiWeb - Jeder kann sich beteiligen!

Religion

Veränderung (letzte Änderung) (keine anderen Diffs, Normalansicht)

Entfernt: 2,8d1
= Grundwissen Religion 4 =

= Aspekte von Religion und politische Konflikte im Kontext kulturell-religiöser Kompetenz =





Entfernt: 10,14d2






Grundwissen Religion 2    

Theorie, Praxis und Handlungsfelder kulturell-religiöser Kompetenz in Politischer Bildung    

Günther Dichatschek

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Grundwissen Religion 2   
Theorie, Praxis und Handlungsfelder kulturell-religiöser Kompetenz in Politischer Bildung   
Vorbemerkung   
I RELIGION UND DEMOKRATIE   
1 Religion und Politik in Österreich und Europa   
1.1 Zur Entwicklung des Konkordats in Österreich   
1.2 Religion und Interkulturalität   
1.3 Dialogfähigkeit   
1.4 Religionsfrieden im 21. Jahrhundert   
2 Religionsfreiheit als Grund- und Freiheitsrecht - Grenzen zu anderen Grundrechten   
2.1 Beziehungen von Politik und Religion   
2.2 Religion und Demokratie   
2.3 Religionsfreiheit   
2.4 Grenzen der Religionsfreiheit   
3 Religiosität vs. Gemeinschaften   
4 Länderbericht Österreich   
5 Unterrichtsbeispiel   
II RELIGION, MACHT und POLITIK   
6 Einführung   
6.1 Religion als Fremdwort   
6.2 Fragestellungen   
6.3 Themenbereiche   
7 Themen des Funkkollegs/Auswahl   
Religion   
7.1 Macht des Heiligen   
7.2 Sakralisierung von Macht   
7.3 Leben ohne Religion   
Macht   
7.4 Verhältnis Staat und Kirchen   
7.5 Religion und Frauen   
7.6 Religiöse Radikalisierung   
7.7 Religiöser Pazifismus   
Politik   
7.8 Laizismus in Frankreich   
7.9 Russland - Staat und Kirche   
7.10 US-Evangelikale? und Politik   
7.11 Iran - Gottesstaat   
7.12 Israel - jüdische Identität   
7.13 China - Verfolgung von Religionen   
7.14 Balkan - Krieg im Namen der Religion   
7.15 Mali und Nigeria - Krieg im Namen der Religion   
Religion - Macht - Politik   
7.16 Technikgläubigkeit - neue Schöpfung durch Technik   
7.17 Religiöse Kräfte in der Politik - EU-UNO?   
III TAGUNGSBERICHT/ KURZFASSUNG   
8 Religion und Politik - Anton Pelinka   
9 Religion und Demokratie - Wolfgang Palaver   
10 Religion und Politische Bildung - Wolfgang Sander   
IV CHRISTLICHES BASISWISSEN RELIGION   
11 Christliches Basiswissen Religion   
11.1 Herkunft und Deutung   
11.2 Funktionen von Religion   
11.3 Ausdrucksformen   
11.4 Kritische Auseinandersetzungen   
Geschichte Israels - Urgemeinden   
11.5 Frühzeit - Königszeit   
11.5.1 Frühzeit   
11.5.2 Königszeit   
11.6 Historische Entwicklung - Untergang Israel und Juda   
11.6.1 Zerfall des Nordreichs   
11.6.2 Zerfall des Südreichs   
11.6.3 Jahweglaube - Propheten   
11.7 Entstehung des Judentums und babylonisches Exil   
11.7.1 Judentum im Exil   
11.7.2 Jüdischer Glaube im Exil   
11.8 Judentum in der hellenistischen und neutestamentlichen Zeit   
11.8.1 Religiöses Leben   
11.8.2 Religiöse Strömungen   
11.9 Jesus von Nazareth - Urchristentum   
11.9.1 Umwelt Jesu   
11.9.2 Leben und Wirken   
11.9.3 Urchristentum   
Bibelkunde   
11.10 Altes Testament   
11.10.1 Geschichtsbücher   
11.10.2 Lehrbücher (Poetische Bücher)   
11.10.3 Prophetische Bücher   
11.11 Neues Testament   
11.11.1 Evangelien und Apostelgeschichte   
11.11.2 Briefe des Paulus   
11.11.3 Deuteropaulinische Briefe   
11.11.4 Übrige Briefe   
11.11.5 Offenbarung des Johannes   
Kirchengeschichte   
11.12 Geschichte der Alten Kirche   
11.13 Mittelalter   
11.14 Reformation   
11.15 Neuzeit   
Pressehinweise   
Literaturverzeichnis   
V CHRISTENTUM   
Christentum   
I Christenheit   
Vorbemerkung   
12 Einleitung   
13 Frühes Christentum - Bildung   
14 Zwei Jahrtausende Christenheit - Überblick   
14.1 Ausbreitung   
14.2 Reformbewegungen - Verbreitung   
14.3 Soziokulturelle-religiöse Bewegungen   
14.4 Bedeutende Entwicklungen   
14.5 20. Jahrhundert   
14.6 Aktuelle Herausforderungen   
15 Erziehungs- und Bildungsdenken   
15.1 Bildungsbegriff   
15.2 Erziehungsbegriff   
15.3 Evangelisches Bildungsdenken   
16 Kulturell-religiöse Bildung und Demokratie   
16.1 Religion und Politik   
16.2 Religiöse und politische Bildung   
17 Perspektiven zukunftsfähiger religiöser Bildung   
Literaturverzeichnis Christenheit   
II Ökumene   
18 Vorbemerkung   
19 Einleitung   
20 Neutestamentliche biblische Texte   
21 Konfessionelle Geschichte der Ökumene   
21.1 Geschichte der Ökumene   
21.1.1 Begrifflichkeit   
21.1.2 Ausbreitung des Christentums   
21.1.3 Kirchenspaltung im Osten   
21.1.4 Kirchenspaltung im Westen   
21.2 Ökumenischer Aufbruch im 19./ 20. Jahrhundert   
21.3 Konfessionelle Eigenarten   
21.3.1 Reformatorische Kirchen   
21.3.2 Orthodoxie   
21.3.3 Römisch-Katholische? Kirche   
21.4 Aktuelle Herausforderungen   
22 Reflexion   
Literaturverzeichnis Ökumene   
Reflexion   
IT-Autorenbeiträge?   
Zum Autor   

Vorbemerkung    

Für die Politische Bildung bildet der Bereich Religion einen Aufgabenbereich, der die Rahmenbedingungen für eine Ausübung kulturell - religiöser Praxis und Konfliktlösungen aus gesellschaftlichen Entwicklungen und Interessenslagen untersucht.

Zu beachten sind die Trennung von Religion und Staat in Europa und Aspekte einer Säkularisierung etwa im protestantischen Fundamentalismus in den USA und im Einfluss des Politischen Islams auf Institutionen.

Es geht demnach um einen Überblick über das Verhältnis von Religion und Politik in Österreich und Europa, die Religionsfreiheit als Grund- und Freiheitsrecht und deren Grenzen zu anderen Grundrechten wie Meinungs- und Pressefreiheit und im Recht auf Selbstbestimmung in einer Demokratie.

Zu beachten sind vielfältige Bewegungen des Politischen Islams. Verwiesen wird auf vorhandene Fachliteratur.

Ein Unterrichtsvorschlag behandelt die Fragestellungen im Unterricht und stellt den Kontext zur Lehrveranstaltung "Didakik der Politischen Bildung" her.

Zu beachten sind die Fachliteratur und Ergebnisse der Jahrestagung 2019 der "Interessensgemeinschaft Politische Bildung/ IGPB".

Von Interesse ist das Funkkolleg "Religion-Macht-Politik?" des Hessischen Rundfunks 2018/ 2019 mit der Bestimmung des Verhältnisses von Religion und politischer Agenda, von Religion und Demokratie sowie dem Verhältnis zu religiösem Extremismus und Religion und Staat (vgl. https://funkkolleg-religionmachtpolitik.de [20.1.2019]).

Für den Autor erscheint die Thematik "Basiswissen" auf dem Hintergrund eines zunehmenden geringen religiösen Sachwissens wesentlich.

Ausgangspunkt der Überlegungen des Autors sind die

  • Absolvierung des Studiums der Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck (1985),
  • Absolvierung des Lehrganges Ökumene der Kardinal König-Akademie? Wien (2006),
  • Absolvierung der Universitätslehrgänge Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt? (2008) und Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg (2012),
  • Absolvierung des Internen Lehrganges für Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg (2016),
  • die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur (vgl. BATTKE-FITZNER-ISAK-LOCHMANN? 2012; RIESEBRODT 2001; 2007; SOCKSAFSKY 2007; SCHÄFER 2008; NEVE DE 2011; KÖCHLER 2013; VOCELKA 2013; STEINBERG 2015; WEINGARDT 2010, 2016; DICHATSCHEK 2017a b; HAGER 2018; DEITELHOFF-LIESSMANN-BAUEROCHSE-HOFMEISTER-KÖSTES-NIEMBACH? 2019 - FREUDENBERG-GOSSMANN? 1995, HEILIGENHAL-SCHNEIDER? 2004, BORMANN 2014),
  • eigenen IT-Autorenbeiträge? zum Themenbereich und
  • die Beiträge der Jahrestagung 2019 der IGPB und des Funkkollegs des HR 2018/ 2019.

Die Studie umfasst in der Folge eine Gliederung in

  • Religion und Demokratie,
  • Religion-Macht-Politik?,
  • Tagungsbericht - Kurzfassung,
  • Christliches Basiswissen Religion und
  • Christentum - Christenheit und Ökumene
Im Vordergrund steht das Interesse an einer kulturell-religiösen Kompetenz in Politischer Bildung.

I RELIGION UND DEMOKRATIE    

1 Religion und Politik in Österreich und Europa    

Im Prinzip der Säkularität drückt sich heute das Selbstverständnis der Beziehung von Religion und Staat aus.

Dies zeigte sich mit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts und der Abschaffung der Religion in der Französischen Revolution.

Auch das Revolutionsjahr 1848 entwickelte die angestrebten Ziele.

Rigoros wird das Prinzip in Frankreich in Form der Laizität umgesetzt (vgl. 1905 das Gesetz zur vollständigen Trennung von Kirche und Staat; "Loi Combes", 6.12.1905).

Bestimmend ist die Neutralität des Staates gegenüber der Religion, der Respektierung der inneren Autonomie der Religionsgemeinschaften. Ebenso schließt nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit dies einen Verzicht der religiösen Gruppierungen auf eine direkte politische Einflussnahme mit ein.

In Österreich erfolgte dies 1781 mit dem "Toleranzpatent" von Joseph II., mit dem den Protestanten und Griechisch-Orthodoxen? die Religionsausübung im private Raum gestattet wurde. 1867 wurde im Staatsgrundgesetz Artikel 14 dies verfassungsrechtlich kodifiziert. 1961 erfolgte unter Mitwirkung evangelischer Politiker - Heinrich Drimmel und Bruno Pittermann - die Beschlussfassung des sog. "Protestantengesetzes" als "Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche".

Aus historischen Gründen genießt das Christentum in Europa - in Österreich vor allem die Römisch-Katholische? Kirche - eine privilegierte Stellung (vgl. KÖCHLER 2013, 5 mit dem Hinweis auf den Widerspruch zu jeweiligen Verfassungsgrundsätzen).

Zu verweisen ist auch auf ein Staatskirchentum etwa in Großbritannien und Dänemark sowie eine Theokratie im islamischen Iran.

1.1 Zur Entwicklung des Konkordats in Österreich    

Das Konkordat als völkerrechtlich verbindliches Abkommen zwischen dem Staat und dem Heiligen Stuhl weist auf die Situation der Römisch-Katholischen? Kirche als politischen Akteur hin.

  • 1855 Konkordat mit Franz Joseph - privilegierte Stellung in Eherecht und Schulwesen
  • 1870 - einseitige Kündigung durch Österreich
  • 1874 - Aufhebung des Konkordats durch das "Katholikengesetz" - staatlicher Vorrang in Erziehung und Eherecht
  • 1933 - Versuch einer Einflussnahme über die Christlich-Soziale? Partei unter Ignaz Seipel
    • Verbot politischer Tätigkeit katholischer Priester
    • Konkordat unter Engelbert Dollfuss mit Bestimmungen bis heute
  • 1938-1945 - Aussetzung während der NS-Zeit?
  • 1957 - Anerkennung des Konkordats durch die Republik Österreich mit mehrfacher Adaptierung in Verträgen mit dem Heiligen Stuhl in den sechziger Jahren (Einstellung bzw. Abberufung an staatlichen Einrichtungen, Stellungnahme ohne Vetorecht bei Bischofsernennungen)
1.2 Religion und Interkulturalität    

Neue interkulturelle Realitäten durch Migration und EU-Binnenwanderung? stellen Grundsätze eines säkularen Staates in Frage bzw. werden missachtet.

  • Besonders gilt dies bei geäußerten Forderungen nach einer adaptierten Form des Islams.
  • Es fragt sich, ob religiöse Identität und damit wesentliche Prinzipien einer Religion Angelegenheit des Staates und der Politik wären.
Zu beachten ist politische Instrumentalisierung.

  • Vorurteile werden geschürt, Fehlinformationen verbreitet.
  • Vor allem schüren unsachliche Debatten Ängste, etwa im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Frankreich 2017 und gefährden den Religionsfrieden. Mitunter kommt es zu Tabubrüchen.
1.3 Dialogfähigkeit    

Sorgen um eine christliche Identität Europas werden mitunter von Politikern_innen geäußert, die selbst am religiösen Leben kaum oder gar nicht beteiligt sind. In Österreich reagieren eher zögerlich die kirchlichen Gemeinschaften auf solche Tendenzen (Stand 2018).

Hilfreich sind Stellungnahmen zu einer Wichtigkeit des Dialogs zwischen den verschiedenen Religionen (vgl. den Aufgabenbereich des konfessionellen Religionsunterrichts, der jeweiligen Lehrer_innenbildung, kirchlicher Erwachsenenbildung und der Begleitung interkultureller Projekte im Berufsleben, in der Jugend- und Frauenarbeit, im Medienbereich und der Politischen Bildung).

Richtschnur einer Gesprächskultur und Dialogfähigkeit ist der Artikel 9 (1) der "Europäischen Menschenrechtskonvention" (vgl. "Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten"; für Österreich BGBL Nr. 210/1958, BVG BGLB Nr. 59/1964, mit Folgegesetzen und Zusatzprotokollen).

1.4 Religionsfrieden im 21. Jahrhundert    

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeigt sich eine eigenartige Entwicklung, einerseits mit einer zunehmenden Marginalisierung der christlichen Religion und andererseits mit einer politisch gesteuerten Behauptung christlicher Identität (vgl. für Österreich POLAK-SCHACHINGER? 2011, 191-219).

Wesentlich erscheint für die Politische Bildung mit ihren Teilbereichen die (Heraus-) Forderung nach Interkultureller Kompetenz und einer Gesprächskultur (vgl. die IT-Autorenbeiträge? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Politische Bildung, Interkulturelle Kompetenz).

Für Österreich gelten beispielgebend zur Sicherung des Religionsfriedens und damit zur politischen Stabilität die Aktivitäten von Kardinal Franz König im interreligiösen Dialog und die Bemühungen des "Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich", besonders mit dem "Sozialwort" (2003) (vgl. http://www.oekumene.at/dokumente > auch das Nachfolgeprojekt "Sozialwort 10+"[18.2.2019]).

2 Religionsfreiheit als Grund- und Freiheitsrecht - Grenzen zu anderen Grundrechten    

Von Interesse ist die Rückkehr der Religion als politische Kraft. Kontrovers werden der Stellenwert von Religion für die Politik und religiöse Rechte diskutiert.

Die Auffassung, die christlich-abendländische Kultur - in Form der Religion - sei das Fundament einer europäischen Gesellschaft und der politischen Nation, wird durch Erosionsprozesse der organisierten Religion und religiösen Pluralismus in Frage gestellt.

  • Für Österreich ist der Rückgang der römisch-katholischen Bevölkerung von 87,4 Prozent 1971 auf knapp 71 Prozent 2001 und die Zunahme von Personen ohne religiöses Bekenntnis von 4,3 Prozent 1971 auf 16 Prozent 2001 von Bedeutung.
  • Die Evangelischen Kirchen haben prozentuell den größten Mitgliederschwund aufzuweisen. Sie verkleinern sich von knapp 6 Prozent 1971 auf 4,7 Prozent 2001 (vgl. den Rückgang um gut 20 Prozent).
  • Die Islamische Glaubensgemeinschaft hat den größten Zuwachs. Von 1971 bis 2011 hat sie sich um mehr als das Dreifach gesteigert.
  • Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und Austritten hat die Römisch-Katholische? Kirche in den letzten Jahren ca. 800 000 Mitglieder verloren. Die Evangelischen Kirchen verloren rund ein Viertel im selben Zeitraum.
Die Entwicklung zeigt sich in den Debatten um

  • religiöse Werte und religiöse Symbole,
  • die Anerkennung bzw. das Verbot bestimmter Glaubensgemeinschaften,
  • Fragen der Religionsfreiheit und
  • Rechte Konfessionsloser und Atheisten.
2.1 Beziehungen von Politik und Religion    

Politik - Religion

Polity - organisierte Religion

Politics - religiöse Praktiken

Policy - religiöse Ideen


Polity - verfassungsgemäße Ordnung, strukturelle Ordnung

Politics - Politikgestaltung, Entscheidungsfindung, Partizipation

Policy - inhaltliche und materielle Dimension

Organisationsformen - organisierte Religion, etwa Organisationsformen/ Kirchenrecht, sakrale Bauten, Ausbildung - Bildungs- und Forschungseinrichtungen

Religiöse Praktiken - interventionistische Praktiken (etwa Gebete, Opfer, Segnungen, Prozessionen, Pilgerreisen,. Wallfahrten und Rituale) - diskursive Praktiken (etwa Prozesse der Verständigung wie Diskurse) - abgeleitete Praktiken (außerreligiöse Alltagshandlungen religiös begründen; etwa Waffendienst, Abtreibung und Parteienpräferenz)

Religiöse Ideen - Glaubensvorstellungen, religiöses Wissen, Medien, politische Akteure


Literaturhinweis

Freudenberg H.- Goßmann Kl. (1995): Sachwissen Religion, Wien

Graf Fr .W. (2004): Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Kultur, München

Pollack D.- Rosta G. (2016): Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1751, Bonn

Rupp H.-Reinert A. (2004): Kursbuch Religion Oberstufe, Stuttgart-Braunschweig?

Rüpke J. (2007): Historische Religionswissenschaft. Eine Orientierung, Stuttgart

2.2 Religion und Demokratie    

Religion und Politik verändern ihre Beziehungen (dynamisches Modell).

Offen bleibt die Frage''', wie viel Religion benötigt die Demokratie und wie viel Politik benötigt die Religion.

Von Bedeutung ist der religiöse Pluralismus.

  • Er gehört zu den wichtigen demokratischen Prinzipien.
  • Zu unterscheiden ist zwischen "diversity" (soziale Dimension) und "policy" (inhaltliche Dimension).
Gesellschaftlicher Pluralismus wird als notwendige Voraussetzung für politische Konkurrenz und Demokratie angesehen.

2.3 Religionsfreiheit    

Garantiert und völkerrechtlich kodifiziert wird die Freiheit der Dimensionen von Religion

  • individuell (Recht auf Glauben),
  • kollektiv (Religionsgemeinschaften, religiöse Handlungen)) und
  • institutionell (Gründung von Institutionen, selbständige Regeln/ Kirchenrecht, Ordnungen)
in den Dokumenten der UNO/ UNO-Charta? und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte/ 1948, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte/ 1966 sowie dem EU-Vertrag? von Lissabon/ 2001 und nationalen Verfassungen.

In Österreich wurde Religionsfreiheit

  • bereits im Staatsgrundgesetz 1867, im Staatsvertrag/ Friedens- von St. Germain 1919 und im Bundesverfassungsgesetz (BVG) i.d.g.F. mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, Artikel 9, Absatz 1, formuliert.
  • Negative Religionsfreiheit bedeutet, dass Personen das Recht haben, ihren Glauben geheim zu halten bzw. eine Glaubensgemeinschaft zu verlassen und/ oder sich einer anderen Glaubensgemeinschaft anzuschließen. Ebenso gehört dazu keinen Zwang zu religiösen Praktiken, Handlungen und Feierlichkeiten auszuüben.
Die unterschiedlichen Aspekte betreffen demokratische Standards.

Es kann zu Konflikten mit anderen Freiheitsrechten, etwa dem Recht auf freie Meinungsäußerung, Selbstbestimmung und Versammlungsfreiheit kommen. Damit kommt es zur Abwägung staatlicher Institutionen und der Gesellschaft, konkurrierende Freiheitsrechte gegeneinander rechtlich abzustimmen.

2.4 Grenzen der Religionsfreiheit    

Von Interesse ist die Rechtsdefinition von Marci A. HAMILTON (2005) in kantischer Tradition, die die Kompatibilität der Freiheit des Einzelnen mit der Freiheit der anderen einfordert.

  • Diese besagt, dass die Ausübung religiöser Praktiken nicht anderen Personen bzw. dem Gemeinwohl schaden darf.
  • Entscheidend ist für die Frage, ob eine Einschränkung erforderlich ist oder nicht, also nicht die Tradition oder Mehrheitsmeinung.
  • Vielmehr geht es um religiöse Praktiken, die im Widerspruch zu demokratischen Grundsätzen stehen könnten. Es geht demnach um einen gleichberechtigten Ausgleich zwischen konkurrierenden Grundrechten.
Entscheidend ist also die Akzeptanz der interdependenten Beziehungen.

3 Religiosität vs. Gemeinschaften    

Der dritte und letzte Block der "Europäischen Wertestudie" der Universität Wien (2018) erhob eine Entkoppelung (Trennung) der Religiosität von Gemeinschaften.

  • Zwei Drittel der Österreicher_innen verstehen sich als religiöse Menschen. Die persönliche Religiosität entkoppelt sich (trennt sich) aber von den Religionsgemeinschaften.
  • Das religiöse Selbstverständnis ist unverändert hoch und stabil.
  • 63 Prozent bezeichnen sich als religiös. 29 Prozent geben an, keine religiöse Person zu sein und vier Prozent bezeichnen sich als überzeugte Atheisten.
  • Stabil bleibt die weltanschaulich-kognitive Dimension. 73 Prozent geben an, an Gott zu glauben (vgl. 1990 waren es 77 Prozent).
Die Kirchenmitgliedschaft wird kontinuierlich geringer. 2008 gehörten 73 Prozent der Römisch-Katholischen? Kirche an, 2018 sind es 63 Prozent. Vielfältig wird die Religiosität in Österreich durch den Zuwachs von orthodoxen und muslimischen Personen. Die Zahl der Konfessionslosen wächst.

Die Religion verliert an Bedeutung.

  • Gaben 1990 römisch-katholische, evangelische und orthodoxe Christen zu 50 Prozent an, mindestens einmal im Monat den Gottesdienst zu besuchen, waren es 2018 36 Prozent.
  • Religion verliert kontinuierlich ihre Bedeutung als Praxis, die das Leben prägt.
  • Man beschäftigt sich vielmehr mit der Frage der Zustimmung des Glaubens an religiöse Vorstellungen und Lehren.
IT-Hinweis?

Projekt Wertestudie/ Universität Wien

https://www.werteforschung.at/projekte/europaeische-wertestudie/ (5.11.2018)

4 Länderbericht Österreich    

Österreich als katholisches Land hat eine vielfältige religiöse Landschaft mit 16 staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften (vgl. VOCELKA 2013).

Die staatliche Anerkennung beinhaltet eine eigene Rechtspersönlichkeit mit dem Recht des Schutzes und der Anerkennung der Amtsträger_innen, eigener Rechtsnormen und rechtlich-organisatorischen Strukturen (etwa Verwaltung/Gremien, Kirchenrecht, Ordnungen, Feiertagsordnung), eigener Bauten und Räumlichkeiten, eigener religiöser Veranstaltungen und eigener Bildungseinrichtungen von Kindergarten bis zu universitären Bildungseinrichtungen. Die Einrichtung der Militärseelsorge, der Kranken- und Anstaltenseelsorge, der Hochschulgemeinden und des staatlich anerkannten Religionsunterrichts beinhaltet auch ökumenische Aspekte.

Interessante Konstrukte sind das 2000-2003 erarbeitete " Sozialwort" des "Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich" mit Stellungnahmen zu allen Bereichen des politisch-sozialen Lebens (vgl. http://www.oekumene.at/dokumente [12.11.2018]).

2009 erfolgte staatliche Anerkennung der Zeugen Jehovas, 2013 erfolgte die staatliche Anerkennung der "Freikirchen in Österreich" (vgl. https://www.freikirchen.at [12.11.2018]). 2016 trat das neue Islamgesetz als Nachfolge des Gesetzes aus dem Jahre 1912 in Kraft.

2013 fand in Österreich ein "Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien" erfolglos statt (56 673 Stimmen, 0,89 Prozent der Stimmberechtigten).

5 Unterrichtsbeispiel    

Das folgende Unterrichtsbeispiel soll den Kontext zur "Didaktik der Politischen Bildung" herstellen und den Bezug zur Thematik Religionsfreiheit und Säkularität verdeutlichen (Stand 2018).

Alter ab 7. Schulstufe

Lehrplan Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung/ GSP

  • Unterrichtsprinzipien - Politische Bildung und Interkulturelles Lernen
  • Sekundarstufe I - historische und politische Kompetenz an Hand eines konkreten Themas
  • Sekundarstufe II - Ursachen, Unterschiede und Funktionen von Religionen und Ideologien
Themenstellungen

  • Religionsfreiheit vs. Säkularität - Anwendung in Staaten (Trennung von Kirche und Staat, Staatskirchentum, Theokratie, Laizismus)
  • Konfliktbereiche - Kooperation
Annäherung an das Thema

  • Kirchenvolksbegehren 2013 zum Verhältnis Religion und Staat in Österreich
  • Rolle von Religion im Staat
Didaktische Hinweise

  • Erweiterung des Verständnisses für beide Begriffe
  • Gegenwartsbeispiele
Unterrichtsablauf

  • Schritt 1 - Religionsfreiheit - gesetzliche/ völkerrechtliche Grundlagen - Einzel- bzw. Partnerarbeit - Diskussion im Plenum
  • Schritt 2 - Säkularität - Verhältnis von Religionsgemeinschaften zum Staat/ Gesetze-Interne? Organisation-Kontexte?
  • Schritt 3 - Religionsrechte vs. Grundrechte - Konfliktbereiche-Minderheiten?/ Diaspora-Gleichberechtigung? von Mann und Frau
  • Schritt 4 - Zusammenfassung - Reflexionsphase
  • Schritt 5 - Dokumentation
Andere Unterrichtsbeispiele können etwa die Themenbereiche "Religiöse Vorstellungen ", "Religiöse Karikaturen" oder "Kirchenprivilegien" abdecken.

Zu überlegen sind fächerübergreifende Projekte im Rahmen von standortbezogener Schulentwicklung mit D, GW, GSP und Religion (vgl. BATTKE-FITZNER-ISAK-LOCHMANN? 2002).

II RELIGION, MACHT und POLITIK    

Initiatoren des Funkkollegs 2018/ 2019 des HR sind

  • hr INFO,
  • Hessisches Kultusministerium,
  • Leibniz-Institut? Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK),
  • Hessischer Volkshochschulverband und
  • Goethe Universität Frankfurt/ M.
6 Einführung    

6.1 Religion als Fremdwort    

Die Kirchen und mit ihnen ihre Einrichtungen haben seit langer Zeit Schwierigkeiten, ihre Botschaft und ihre Aktivitäten zu kommunizieren.

Man denke in der Religionspädagogik nur an das "Kontinuum Taufunterricht-Religionsunterricht-Konfirmandenunterricht-Erwachsenenbildung?".

In der Folge wird Religion zunehmend ein Fremdwort.

Gleichzeitig suchen Menschen Orientierung und Sinn im Alltag und Leben, in einer unübersichtlichen Welt. Religiosität ist ein menschliches Bedürfnis, wiewohl es viele Unterschiede und Möglichkeiten gibt.

  • Religiöse Führungspersönlichkeiten sind nach wie vor Akteure, die Menschen faszinieren können.
  • Aber es gibt auch Unbehagen. - Im Namen von Religion gibt es gewalttätige Konflikte unterschiedlicher Arte und Intensität. Veraltete Strukturen hemmen ihren Wert und ihre Bedeutung. Religiöser Absolutheitsanspruch und Herrschaftsansprüche bedrohen demokratische Gepflogenheiten und Freiheit. Religiöser Glaube wird suspekt, weil im Namen von Religion auch Radikalisierung zur Gefahr wird.
6.2 Fragestellungen    

Das Funkkolleg stellt Fragen nach

  • dem Verhältnis von Religion und Politik und dem jeweiligen Stellenwert,
  • dem Verhältnis von Religion und Demokratie,
  • der Rolle der Religion und Extremismus,
  • dem Verhältnis von Glaube und Politik sowie
  • Religion und Staat, damit auch Macht.
6.3 Themenbereiche    

24 Themen des Funkkollegs umfassen als Schwerpunkt die Bereiche Religion, Macht und Politik.

  • Religion
    • Die Aura des Heiligen-Warum? Religion Macht über den Menschen hat
    • Religion macht stark-Glaube und Psychologie
    • Das Kreuz als Folklore-vom verschwinden christlicher Glaubensbindung
    • Faszinierend und anders: der Islam
    • 0hne Gott fehlt nichts: Leben ohne Religion
    • Ersatzreligionen: Fußballgott und vegane Erlösung
  • Macht
    • Herrschaftsanspruch: Religionen und ihr Verhältnis zur Macht
    • Gott ist doch kein Mann
    • Töten im Namen Allahs-Radikalisierung? muslimischer Jugendlicher
    • Von guten Mächten-die Sprengkraft des religiösen Pazifismus
  • Politik
    • Scharfe Trennung-klare Verhältnisse? Frankreichs Laizismus
    • Halbherzige Trennung: Deutschland und seine Kirchen
    • Russland: Putin und der Patriarch vereint zu alter Größe?
    • Fromme Scharfmacher: die US-Evangelikalen? und die Politik
    • Gottesstaat als Sicherheitsrisiko: Iran
    • Ein Volk, ein Land? Israel und jüdische Identität
    • China: Kein himmlischer Friede
    • Krieg im Namen der Religion: Syrien
    • Krieg im Namen der Religion: Balkan
    • Krieg im Namen der Religion: Mali und Nigeria
  • Religion-Macht-Politik?
    • Der Mensch spielt Gott: neue Schöpfung durch Technik
    • Vermitteln, verleiten, polarisieren: Religiöse Kräfte in der Politik
    • Reformatoren gesucht-der Islam im 21. Jahrhundert
    • Die Macht des Heiligen-im Dienst der Politik?
7 Themen des Funkkollegs/Auswahl    

Im Folgenden werden ausgewählt vom Autor 17 Themenbereiche verkürzt vorgestellt. Ergänzt werden sie teilweise mit Hinweisen auf IT-Autorenbeiträge? bzw. Literaturhinweisen aus der Politischen Bildung.

Ausgangspunkt der Auswahl ist die Tätigkeit als politischer Bildner und Lehrerbildner.

Religion    

7.1 Macht des Heiligen    

Naturerscheinungen am Sternenhimmel, bewegende Musik oder ein sakraler Raum mit Kerzenlicht können besinnliche Eindrücke erfahren lassen. Menschen interpretieren mitunter solche Eindrücke als spirituelle Erlebnisse, als Hinweise auf etwas Heiliges, eine höhere Macht, eines Gottes.

Religionen verleihen solchen Erfahrungen Ausdruck.

  • Es ergeben sich Fragen, die sonst nicht beantwortet werden.
  • Es wird Halt und Orientierung gegeben. Religionen wird so wichtig, auch für Menschen ohne religiöse Gemeinschaft.
  • Religion gewinnt Macht bzw. Einfluss so über Menschen, die auch missbraucht werden kann.
Neben den alltäglichen Erfahrungen gibt es - je nach Gesellschaftsform - eine informelle religiöse Praxis, eine Vergemeinschaftung von Gläubigen und Hilfestellungen der Religion bei der Lebensbewältigung.

Was Religion ist wird entweder beschrieben,

  • was Religion ist (substanzielle Bedeutung) oder
  • was Religion für den Einzelnen bzw. die Gesellschaft leistet (funktionale Bedeutung).
  • Damit ergibt sich Religiosität in ihren verschiedenen Erscheinungen.

Literaturhinweis

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 11-19

IT-Hinweis?

https://www.wochenschau-verlag.de/Maechtige-Religion/40739 (28.3.2024)

7.2 Sakralisierung von Macht    

Religiöse Gemeinschaften und ihre Führerpersönlichkeiten sind in der Geschichte immer wieder Verbindungen mit politischen Ideologien eingegangen. Bis heute ist dieses Phänomen vorhanden.

  • Einzelne Traditionen werden benützt, um Macht, Herrschaft, auch Rebellion und Gewalt zu legitimieren. Religiöse Interpretationen werden ausgeblendet (vgl. den Umgang mit dem Fundamentalismus).
  • Religion und Politik zeigt sich aktuell im Verhältnis der Orthodoxen Kirchen in ihrem jeweiligen Land zum Herrschaftssystem.

Literaturhinweise

Joas H. (2017): Die Macht des Heiligen - Eine Alternative zur Geschichte der Entzauberung, Frankfurt/M.

Schäfer H. (2008): Kampf der Fundamentalismen. Radikales Christentum, radikaler Islam und Europas Moderne, Frankfurt/M.

7.3 Leben ohne Religion    

Die Zahl der Menschen, die ohne Religion leben, nimmt zu und bildet eine vielschichtige Szene.

  • Es gibt Weltanschauungsgemeinschaften, die bewusst rational denken und hohe ethische Ansprüche haben.
  • Die vielen unorganisierten konfessionslosen Menschen ergeben eine vielfältige Gesellschaft, etwa
    • vom formalen Kirchenmitglied, das nicht an Gott glaubt,
    • den Religions- bzw. Kirchenkritikern,
    • Menschen, die an eine Wiedergeburt glauben,
    • Menschen, die an eine unbestimmte höhere Macht glauben bis zum
    • überzeugten Atheisten.
Die sog. "neuen Atheisten" verfolgen offensiv einen antireligiösen Kurs und betreiben Öffentlichkeitsarbeit (vgl. FAZ vom 22.3.2009, http://www.faz.net/aktuell/politik/giordano-bruno-stiftung-die-agenda-des-neuen-atheismus-1926867.html [11.2.2019]).


Literaturhinweis

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 48-57 > https://www.wochenschau-verlag.de/Maechtige-Religion/40739 (28.3.2024)

Macht    

7.4 Verhältnis Staat und Kirchen    

Für Österreich gilt die Publikation des Forum Politische Bildung, Informationen zur Politischen Bildung Nr. 37/2013, "Religion und Politik" als grundlegende Arbeit zum Verhältnis Religion und Politik.

Ebenso nimmt sich die "Interessensgemeinschaft Politische Bildung/ IGPB" in ihrer Jahrestagung 2019 der Thematik an (vgl. http://www.igpb.at [11.2.2019]).

7.5 Religion und Frauen    

"Das Weib schweige in der Gemeinde" schrieb Paulus an die Korinther. Bis heute sind Frauen im Altarraum, in den Moscheen und in den Synagogen weltweit eine Ausnahme. Gewalt wird im Namen von Religion gegen Frauen ausgeübt, Gehorsam von Frauen wird mit heiligen Schriften belegt und Gott als mächtige Vaterfigur verehrt.

Das Funkkolleg stellt die zentrale Frage nach den Gründen, warum die Frau das beherrschte Wesen in den Religionen sei. Warum haben die Religionen patriarchale Strukturen, zudem über Jahrhunderte stabilisiert?

Gläubigen Christinnen, Musliminnen und Jüdinnen ist der Zugang zu geistlichen Ämtern in weiten Teilen der Welt verwehrt (vgl. die Ausnahmen in der Altkatholischen Kirche, in Evangelischen und Anglikanischen Kirchen).

Das Recht auf Scheidung wird ihnen abgesprochen, ihre Aussagen vor Gericht werden nicht als vollwertig angesehen (vgl. Menschenrechte vs. Praktiken mit religiösem Hintergrund).

In den Religionen gibt es über Jahrhunderte tradierte Vorstellungen über die Rollenbilder von Frauen und Männern. Insbesondere hochqualifizierte Frauen erwarten auch im religiösem Leben Gleichberechtigung im Verhältnis der Geschlechter.


Literaturhinweise

Auga U. (2014): Erfindungen von Sünde und Geschlecht, in: Aus Politik und Zeitgeschichte Heft 52/2014, > http://www.bpb.de/apuz/197973/erfindungen-von-suende-und-geschlecht?p=0 (11.2.2019)

Socksafsky U. (2007): Religion und Emanzipation - Kein Widerspruch?, in: Kadelbach St.-Parhisi P. (Hrsg.): Die Freiheit der Religion im europäischen Verfassungsrecht, Baden-Baden?, 111-122

7.6 Religiöse Radikalisierung    

Immer wieder radikalisieren sich Jugendliche, auch im Namen von Religion.

Anwerbung im schulischen Umfeld, Wertschätzung in religiösen Gemeinschaften und eigene Diskriminierungserfahrungen erleichtern Radikalisierungstendenzen Heranwachsender.

Zunächst geht es um das Erkennen und in der Folge Erfassen Gefährdeter.

  • Der Blick hat sich auf Gruppierungen zu richten, die anwerben (könnten).
  • Wissen, Kenntnisse, Haltungen und Deeskalisierungsmethoden in Verbindung mit sozialen Akteuren bzw. Agenturen erleichtern Präventionsmaßnahmen (vgl. IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Projekt Gewalt in der Schule).
Wünschenswert wären EU-Projekte?/ ERASMUS zur Gewaltprävention in allen vier Bildungsbereichen (Primarstufe, Sekundarstufe, tertiärer und quartärer Bereich). Der Blick in die EU erweitert Betrachtungsweisen und Handlungsmöglichkeiten.


Literaturhinweis

Neumann P. (2015): Radikalisierung, Deradikalisierung und Extremismus < http://bpb.de/politik/extremismus/radikalisierungspraevention/211827/die-begriffe-radikalisierung-deradikalisierung-und-extremismus (11.2.2019)

7.7 Religiöser Pazifismus    

Von Interesse ist der Beitrag der Religionen zum Frieden, die Vorgangsweisen (Wege) und der Widerstand zu Gewalt.

  • Während die Kirchen dem NS-System? kaum etwas entgegenzusetzen hatten, entstand ein Widerstand einzelner Christen aus ihrem Glauben heraus(vgl. Dietrich Bonhoeffer, Helmut James Graf von Moltke, Alfred Delp).
  • Ende der achtziger Jahre haben die christlichen Kirchen zur friedlichen Revolution in der DDR maßgeblich beigetragen.
Immerhin ist das Jahr 2018 das Gedenkjahr des Ende des Ersten Weltkrieges, in der Folge mit diktierten Friedensschlüssen und dem Ende der Monarchien (vgl. die bis dahin vorhandene Verbindung vom Thron und Altar).

  • Vor 400 Jahren brach der Dreißigjährige Krieg aus, der mit der Vermischung und Instrumentalisierung von Religion und Politik eine Zerstörung von Europa brachte.
  • 1938 wurde Österreich in das Dritte Reich angeschlossen (vgl. die Begeisterung und Zustimmung religiöser Akteure und Führungspersönlichkeiten).
Demgegenüber stehen religiöse Gruppierungen.

  • Die Brüder von Taize bemühen sich seit rund sieben Jahrzehnten als protestantische Initiative um Versöhnung, Frieden und ökumenische Spiritualität.
  • Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils entstand 1968 die Friedensarbeit von Sant' Egidio als katholische Laienorganisation. Diese hat bereits in mehreren Bürgerkriegssituationen - siehe etwa in Mosambik - erfolgreich zwischen den Konfliktparteien vermittelt.
Zu erwähnen sind auch die zivilen Friedensdienste der Evangelischen Kirche und Katholischen Kirche in Deutschland.


Literaturhinweise

Brocker M.- Hildebrandt M. (Hrsg.) (2008): Friedensstiftende Religionen? Religion und die Deeskalation politischer Konflikte, Wiesbaden

Weingardt M.(2010): Religion Macht Frieden. Das Friedenspotential von Religionen in politischen Gewaltkonflikten, Stuttgart

Weingardt M.(2016): Frieden durch Religion? Das Spannungsverhältnis zwischen Religion und Politik, Gütersloh

Politik    

7.8 Laizismus in Frankreich    

1905 wurde in Frankreich die strikte Trennung von Religion und Staat eingeführt.

  • Es ging um das Überleben einer demokratischen Republik.
  • Eine Monarchie sollte wieder eingeführt werden.
  • Die Verknüpfung mit der katholischen Kirche war besonders eng am Lande.
  • Die Regierung führte demgegenüber das laizistische Prinzip ein (vgl. den Begriff des französischen Pädagogen Ferdinand Buisson, der damit 1871 schon einen religionsfreien Unterricht bezeichnete).
Religion stand 1989 bei der ersten Kopftuch-Affäre? zur Diskussion.

  • Ab diesem Zeitpunkt ist die Frage, ob der Islam als zweitwichtigste Religion im Lande mit den Werten der Republik vereinbar sei.
  • Mit den Anschlägen von Paris und in der Provinz spalteten sich die Meinungen in Anhänger einer offenen, inklusiven Laizität und in Anhänger einer strikten Auslegung des Gesetzes von 1905.
  • Besonders die Schule ist ein sensibler Ort geworden, weil auch hier religiöse Symbole, Kleidungsstücke und religiöse Äußerungen verboten sind. Aktuell wurde die Problematik durch die hohe Anzahl muslimischer Lernender, die durch ein Kopftuch ihre Religion nach außen anzeigen.
Der heutige Präsident Emmanuel Macron scheint eine neue Religionspolitik zu wollen.

  • Der Beitrag der Religionen für den bürgerlichen Staat soll stärker geschätzt werden.
  • Es gibt die Aufforderung an die katholische Kirche und muslimische Bürger, sich für die Belange der Republik stärker einzusetzen (vgl. auch die Kritik in Frankreich).

Literaturhinweise

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 110-118

Kimmel A. - Uterwedde H. (Hrsg.) (2012): Länderbericht Frankreich, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1264, Bonn

Magro J.-M.(2016): Burkini ja, Krippe nein?, in: DIE ZEIT Nr. 51/2016, 9.12.2016, online https://www.zeit.de/2016/51/laizismus-frankreich-islamisten-religion-trennung-kritik (12.2.2019)

Steinberg R. (2015): Kopftuch und Burka. Laizität, Toleranz und religiöse Homogenität in Deutschland und Frankreich, Baden-Baden?

7.9 Russland - Staat und Kirche    

Nach der russischen Verfassung sind Staat und Kirche getrennt. In der Realität bilden beide eine enge Allianz.

  • Die Kirchenführung unterstützt die politische Führung öffentlich.
  • Im Gegenzug erhält die Kirchenführung Privilegien.
  • Werte der Russisch-orthodoxen Kirche sind zu einer Art Ideologie des russischen Staates geworden.
  • Dies gilt als Gegenmodell zum Westen.
  • Am Beispiel der Ukraine zeigt sich der der lange Arm der Orthodoxie, hier im Konflikt zwischen dem Patriarchen von Moskau und Konstantinopel.

IT-Autorenhinweise?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Sowjetunion

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Internationale Politik, Kap. 2.5: Ukraine-Konflikt?

Literaturhinweis

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 129-138

7.10 US-Evangelikale? und Politik    

"One Nation under God" ist einer der wichtigsten Grundsätze der Religionsfreiheit in der US-Verfassung?. Allerdings bedeutet dies keineswegs eine klare Trennung von Religion und Staat. Glaube und Religion sind wichtige Stützen der US-Gesellschaft?.

  • Die Kirchen erfüllen eine wichtige soziale Aufgabe, da der Staat soziale Problembereiche nicht auffängt.
  • Kirchen springen mit ihrem sozialen Engagement in diese Lücke (vgl. etwa Hilfestellung und Unterstützung in Katastrophenfällen, Bildungsproblemen, Zivilgesellschaft, Beratungsstellen, Krankenhäuser, Altersheime).
Die großen evangelikalen Kirchen versuchen ihren Einfluss auf die Politik geltend zu machen (vgl. beispielhaft Abtreibung).

Trotz Religionsfreiheit ist ein atheistischer oder muslimischer Präsident in den USA kaum vorstellbar. Die USA sind historisch stark christlich geprägt.


IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Interkulturelle Kompetenz, Kap. 8.17 Landeskunde USA

Literaturhinweis

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 139-147

7.11 Iran - Gottesstaat    

Mit dem Sturz des Schah von Persien 1979 wurde erstmals in der Moderne ein "Gottesstaat" (Theokratie) errichtet. Die "Islamische Republik Iran" gilt offiziell als politisches System als "Herrschaft des Rechtsgelehrten".

Der Iran sieht in seinem politischen System zwar vor, dass das Land eine gewählte weltliche Regierung hat, an der Spitze des Staates steht jedoch ein schiitischer Geistlicher ("Revolutionsführer"), der über uneingeschränkte Macht verfügt.

Gegenwärtig existiert die iranische "Mullahkratie" 40 Jahre.

  • Zwar verbreitete sich die Revolution nicht, allerdings gilt der Iran als eine Bastion im Nahen Osten mit wachsendem Einfluss, auf die Politik im Irak, Syrien, Libanon, Palästina und im Jemen.
  • Als erklärter Feind Israels (und der USA) birgt der Iran ein Gefahrenpotential.
  • Innenpolitisch hat das System Macht, Geld und Waffen. Die Bevölkerung geht jedoch auf Distanz, die Moscheen sind so leer wie in keinem Land der Region.

IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Iran

Literaturhinweis

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 148-157

7.12 Israel - jüdische Identität    

1948 rief David Ben Gurion die Unabhängigkeit Israels aus. Nach fast 2000 Jahren der Diaspora hatte das jüdische Volk wieder einen Staat.

Allerdings hat Israel bis heute keine Verfassung.

  • Eine Definition des jüdischen demokratischen Staates fehlt.
  • Beklagt wird, dass Israel das einzige westliche Land sei, in dem Juden nicht so leben können wie sie wollen, denn die Strenggläubigen/ "Orthodoxe" bestimmen wichtige Bereiche des Lebens.
    • Staatliche Eheschließungen gibt es nicht.
    • Die Strenggläubigen haben im Parlament großen politischen Einfluss durch eigene Parteien.
    • Am Sabbat sind weitgehend die Geschäfte geschlossen.
    • Öffentliche Verkehrsmittel fahren ebenfalls nicht.
    • In Israel hat alles religiöse Wurzeln.
Die jüdische Siedlungsbewegung im besetzten Westjordanland begründet ihre Aktivitäten religiös.

  • Das Land vom Jordan bis zum Mittelmeer sei den Juden in der Bibel versprochen worden.
  • Die Rechte der Palästinenser seien daher nachrangig.
  • Die Flagge, das Staatswappen und die Hymne haben ebenfalls religiöse Wurzeln.
  • Rund 20 Prozent der Bevölkerung sind nicht jüdisch.
  • Verschärft wird die Problematik durch den Entwurf eines "Nationalgesetzes", wonach jüdische Gemeinden Menschen auf Grund ihrer Religion oder Nationalität ausschließen dürfen.
Arabisch soll künftig nicht länger Amtssprache sein.


Literaturhinweise

Alterman E.(2019): Peace Now. Die Kritik jüdischer US-Bürger? an Netanjahu, in: Le Monde diplomatique Nr. 2/ 2019, 1, 6

Dachs G. (2016): Länderbericht Israel. Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10000, Bonn

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 158-167

IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Nahost-Konflikt

7.13 China - Verfolgung von Religionen    

Offiziell herrscht in der VR China Religionsfreiheit, aber in der Realität geht die Regierung gegen Religionen vor. Staats- und Parteichef Xi fordert die "Sinisierung der Religionen" und die Anpassung an die sozialistische Gesellschaft. Muslime und Christen gelten als Bedrohung.

Staatliche Kontrolle und Repressionen nehmen zu. Kirchengemeinden werden überwacht und zerstört, Kreuze von Kirchendächern gerissen, Moscheen geschlossen.

Viele religiöse Rituale sind verboten oder werden sanktioniert. Parteimitglieder mit religiösem Hintergrund werden ausgeschlossen.

Kirchengemeinden und Glaubensgemeinschaften im Untergrund haben trotzdem Zulauf. Verschieden sind die Praktiken von Stadt und Land.


IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Interkulturelle Kompetenz, Kap. 8.15 Landeskunde China

Literaturhinweise

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 168-177

Fischer D./ Müller-Hofstede? Chr. (2014): Länderbericht China. Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1501, Bonn

Informationen zur politischen Bildung/ izpb Nr. 337 2/2018: Volksrepublik China, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn

7.14 Balkan - Krieg im Namen der Religion    

Der Balkan ist die Schnittstelle zwischen Orient und Okzident. Die Region kennzeichnet eine Vielfalt von Ethnien und Religionen. Damit sind politische und kulturell-religiöse Auseinandersetzungen, in den neunziger Jahren blutige Kriege, geradezu vorherbestimmt. Religion wurde ein Unterscheidungsmerkmal.

Die Serbisch-Orthodoxe? Kirche wurde ein politischer Akteur. Viele Konflikte leiten sich daraus ab. Religiöse Kultstätten dienen der Legitimation von Gebietsansprüchen.

In Kroatien repräsentierte die Katholische Kirche die Verbindung zum Ustascha-Regime?. Nach dem EU-Beitritt? steht das Land für ein konservatives Weltbild, das sich mit dem liberalen Brüsseler-Mainstream? reibt (vgl. die weithin sichtbaren großen Kreuze im Land als Machtanspruch über die Muslimen).

In Bosnien-Herzegowina? und im Kosovo ist eine Folge der Kriege, dass sich Muslime stärker dem Glauben zuwenden. Ausgenützt wird dies für politische und religiöse Ziele in der Türkei und den Arabischen Emiraten. Hunderte IS-Kämpfer? aus den Balkanstaaten kämpften in Syrien und im Irak. In der Heimat sorgt religiöse Strenggläubigkeit für Konflikte. An der Universität Sarajewo werden vorlesungsfreie Gebetsstunden von den Muslimen eingefordert.


IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Internationale Politik, Kap. 2.2 Jugoslawienkriege

Literaturhinweise

Kippenberg H.G. (2008): Gewalt als Gottesdienst. Religionskriege im Zeitalter der Globalisierung, München, 198-207

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 188-197

7.15 Mali und Nigeria - Krieg im Namen der Religion    

Der bevölkerungsreichste Staat Afrikas Nigeria erlebt seit Jahren Terrorismus von Boko Haram (vgl. die freie Übersetzung als "westliche Bildung ist Sünde"). Im Namen von Religion kommt es zu blutigen Kämpfen und Entführungen. Offen ist die Frage, wie es zu einer Bewegung kommen kann, die aus muslimischer Tradition keineswegs Gewalt legitimiert und wie es im Namen von Religion in Nigeria weitergehen kann.

Der westafrikanische Staat Mali galt lange als Beispiel eines sanften Islams. Als Merkmale galten Toleranz und Weisheit. 2012 kam es plötzlich im Namen eines radikalen Islams zu Kämpfen und zum Krieg. Im Norden des Landes vereinnahmten islamistische Gruppen den Aufstand von Tuaregstämmen gegen die Zentralregierung. Ganze Landstriche erlebten, wie Sittenwächter Recht und Rechtsprechung übernahmen. Die Frage bleibt offen, woher die schleichende Radikalisierung des Glaubens hier entstand.

Beide Länder erleben seit Jahren einen Krieg im Namen von Religion. Religion ist dabei Vorwand, Machtfaktor und Tradition. Die Frage stellt sich, welche Gegenmittel neben einem Militäreinsatz dienen könnten (vgl. Deradikalisierung mit dem Koran und Bildungsmaßnahmen).


Literaturhinweis

Wiedemann Ch. (2014): Mali oder das Ringen um Würde. Meine Reise in einem verwundeten Land, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1495, Bonn

Religion - Macht - Politik    

7.16 Technikgläubigkeit - neue Schöpfung durch Technik    

Der Mensch spielt, so die Annahme, Gott - Technik-Gott?.

  • Er macht sich zum Schöpfer, gleichzeitig verlangen die neuen technischen Entwicklungen Glaubensgrundsätze (vgl. als Beispiel bei selbstfahrenden Autos).
  • Intelligente Maschinen erzeugen Ängste bei Menschen.
  • In der Folge kommt es zu Entwicklungen, dass Menschen Roboterwesen erschaffen und sich Abhängigkeiten von technischen Geräten bzw. Maschinen ergeben.
Zu erkennen ist die Vision einer Verschmelzung von Mensch und Maschine. Letztlich könnte der Mensch seinen Körper überwinden.


Literaturhinweise

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtiger Religion, Schwalbach/Ts., 198-207

Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium (2014): Grundkurs Erwachsenenbildung, Studienbrief 4 "Gesellschaft im Umbruch", Frankfurt/M.

IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Ethik

7.17 Religiöse Kräfte in der Politik - EU-UNO?    

Kirche und Staat zu trennen gilt als Errungenschaft der Moderne. Alle Macht geht vom Volk aus. Offen bleibt die Frage, welche Rolle Religion spielen kann.

In Krisenzeiten inszenieren sich politische Akteure als Erlöserfiguren oder verweisen auf religiöse Identitäten. Konsultiert werden auch geistliche Oberhäupter bzw. Experten.

Religiöse Institutionen nehmen Einfluss auf politische Entscheidungen (vgl. die Stellungnahmen im parlamentarischen Begutachtungsverfahren).

In der Europäischen Union sind rund ein Dutzend Religionen - vom Laizismus in Frankreich bis zu zu Staatsreligionen - vereint. Kirchen und Konfessionen vertreten ihre Interessen im europäischen Gesetzgebungsverfahren.

Die Vereinten Nationen betrachten Religionen als ursächlichen Faktor für Konflikte, deren Folgen sie in Zusammenarbeit mit religiösen Hilfsorganisationen zu lindern suchen.

Auch in Österreich spielen christliche, muslimische und jüdische Grundsätze für einen gesamtgesellschaftlichen Konsens im Zusammenleben eine zunehmende Rolle (vgl. die Diskussion um die Feiertagsordnung 2019). Säkulare Ordnung und Religion sind aufeinander angewiesen, der Staat garantiert die Freiheit der Religion und benötigt im Gegenzug ihre Hilfestellungen.


IT-Autorenbeitrag?

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Europäische Union

Literaturhinweis

Deitelhoff N. u.a. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion, Schwalbach/Ts., 208-215

III TAGUNGSBERICHT/ KURZFASSUNG    

8 Religion und Politik - Anton Pelinka    

Religion ist eine der wesentlichen, treibenden Kräfte der Politik und Politik ist einer der Bestimmungsfaktoren von Religion. Eine strikte Trennung dieser beiden Ebenen kann zwar angestrebt, aber - ausgehend vom Erfahrungswissen - nie voll erreicht werden.

Religion ist eine der wichtigsten "cleavages" (Aufspaltungen), der die Parteiensysteme der letzten 150 Jahre bestimmt - in Europa und in Südasien, in Nordamerika und in Teilen Afrikas. Die beispielsweise marxistisch induzierte Neigung, Religion als bloß sekundären Bestimmungsfaktor zu sehen, verstellt den Blick auf die Wirklichkeit - etwa (Nord-)Irlands oder Indiens.

Politische Konflikte, die religiös beeinflusst sind, überkreuzen einander: die Konfliktlinie "säkular - nicht säkular" überlagert die Konfliktlinie zwischen religiös motiviertem Engagement und umgekehrt.

Der Megatrend in Europa hat langfristig zu einer schrittweisen Säkularisierung geführt, die aber nicht verwechselt werden darf darf mit einer strikten Trennung etwa von Kirche und Staat. Dieser Megatrend wird herausgefordert durch Globalisierung und Migration, die zum Aufeinanderprallen unterschiedlicher Trends führen.

9 Religion und Demokratie - Wolfgang Palaver    

Ein Blick auf die Geschichte der Demokratie in Österreich zeigt, dass sich die Katholische Kirche lange gegen Demokratie stemmte und sie erst zu befürworten begann, als sich diese nicht mehr aufhalten ließ. Die Katholische Kirche fand erst gegen Ende des Zweiten Weltkrieges und dann vor allem im Zweiten Vatikanischen Konzil zu einer positiven Haltung zur Demokratie. Diese Tatsache darf aber nicht verdrängen, dass in der jüdisch-christlichen Tradition mit dem Gleichheitsgedanken ein wichtiger Anschub hin zur Demokratie erfolgte.

Kritisch hatte NIETSCHE in der Gleichheit der Seelen vor Gott eine Ursache für die von ihm abgelehnte Entwicklung zur Demokratie erkannt. Am linken Flügel der Reformation folgten in Analogie zum allgemeinen Priestertum in den kirchlichen Gemeinden erste Formen von politischer Demokratie, die vor allem in der angelsächsischen Welt wirksam wurden.

Auch wenn heute die meisten freien demokratischen Staaten christlich geprägt sind, wäre es falsch, nur für das Christentum demokratische Potentiale zu behaupten. Amartyra SEN nennt mit öffentlicher Vernunft und Toleranz zwei wichtige Voraussetzungen von Demokratie und benennt dafür Beispiele aus Afrika und Indien.

Wenn wir gegenwärtig das Verhältnis von Religion und Demokratie in den Blick nehmen, so zeigen sich auf der einen Seite gefährliche Bündnisse von religiösen Aktivisten mit populistischen Politikern, die sie Grundlagen freier Demokratien bedrohen. Auf der anderen Seite tragen Religionen vor allem aber im Bereich des Vorpolitischen positiv zur Nachhaltigkeit demokratischer Kulturen bei. Als besonders wichtige Aufgabe erweist sich dabei die Stärkung der Geschwisterlichkeit, die neben der Freiheit und Gleichheit zu den drei Säulen moderner Demokratie gehört.


Literatur/ Auswahl

Brocker M.-Stein T. (Hrsg.) (2006): Christentum und Demokratie, Darmstadt

Lesch W. (Hrsg.) (2017): Christentum und Populismus. Klare Fronten?, Freiburg

Sen A. (2010): Die Idee der Gerechtigkeit, München

Stout J. (2004): Democrazy and Tradition, Princeton, NY: Princeton University Press

10 Religion und Politische Bildung - Wolfgang Sander    

Thematisiert wurde die in jüngerer Zeit gewandelte Wahrnehmung von Religion in den Wissenschaften, vom Verschwinden zur Wiederkehr der Religion. Hierbei wurde die Säkularisierungsthese, die von einem immer weiter fortschreitenden Bedeutungsverlust der Religion in der Moderne ausgegangen und ihr Scheitern erörtert.

Anzusprechen sind Felder politischer Relevanz von Religion in der Gegenwart, die auf verschiedenen Ebenen für Politische Bildung von inhaltlicher und/ oder normativer Relevanz sind.

Schließlich wurde nach Konsequenzen für die Praxis Politischer Bildung gefragt, insbesondere im Kontext schulischen Lernens.


Literatur/ Auswahl

Juchler I. (Hrsg.) (2009): Dialoge wagen. Zum Verhältnis von politischer Bildung und Religion, Schwalbach/Ts.

Müller St.-Sander W. (Hrsg.) (2018): Bildung in der postsäkularen Gesellschaft, Weinheim-Basel?

Sander W. (2018): Bildung - ein kulturelles Erbe für die Weltgesellschaft, Frankfurt/M.

IV CHRISTLICHES BASISWISSEN RELIGION    

11 Christliches Basiswissen Religion    

Grundlage eines Basiswissens ist für den Autor die Auseinandersetzung mit der Literatur.

Das Fehlen bzw. mangelhafte Umsetzen evangelischer Erwachsenenpädagogik im tertiären und quartären Bildungsbereich in der Diaspora wird bedauert, man denke etwa an die Möglichkeit eines Universitätslehrganges oder einen Fernlehrgang (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, HEILIGENTHAL- SCHNEIDER 2004, BORMANN 2014).

11.1 Herkunft und Deutung    

Der Mensch fragt seit den frühesten Anfängen nach dem Grund hinter messbaren Dingen und Sinnzusammenhängen. In Symbolen, Ritualen und Festen gewinnt die menschliche Sehnsucht nach etwas Anderem (vgl. FREUDENBERG-GOSSMANN? 1995, 10-12).

Man beachte

  • die Anfänge von Religion am Ende des Tier-Mensch-Übergangs? auf dem Weg zum homo sapiens,
  • die Formulierungen von Mythen zur Stabilität harmonisierender Zustände,
  • die Suche nach einer Ganzheit und Ordnung mit der Gestaltung des Religiösen,
  • die Vermeidung von Angst und ihre Überwindung sowie die Ergründung des Daseins in Mythen und Religionen,
  • die Formulierung von religiösen Sinngehalten über Befindlichkeiten und Bedürfnisse hinaus, so im jüdischen und christlichen Glauben auch im Islam als Offenbarungen.
Für die griechisch-römische Antike bedeutet Religion die Erfüllung von kultisch-ritueller Pflichten zur Erhaltung der staatlicher Gemeinschaft und der Lenkung durch die Götter unterstellt ist und kultischer Wahrnehmung bedarf (Cicero). In der Folge wird Religion als individuell subjektives Verhalten und Tugend als Gerechtigkeit verstanden.

Jesus von Nazareth sieht anders die Beziehung Gott - Mensch, für ihn gilt der Akt des Glaubens als entscheidende Beziehungskategorie. Er wagt seinen Lebensentwurf ohne Rücksicht auf vorhandene religiöse Institutionen und Traditionen, etwa in Fragen des Kultus und in der Passion (vgl. das Kreuz außerhalb des Stadttores Hebr. 13.12).

Für die nachösterliche Gemeinde ergibt sich die Heilslehre in Abgrenzung zu den Kulten im Begriff des "Glaubens". Damit geriet sie in Widerspruch zum staatlichen Glaubensverständnis und nahmen für ihre Überzeugung auch ein Martyrium auf sich.

Die altkirchliche Theologie stellt das Christentum als überlegene und vollkommende Religion heraus ("christiana religio"). In Christus ist der Logos als göttliches Weltprinzip. In der Folge wird das Christentum so zur Weltreligion, zumindest in seiner Sozialform wie im Kultus, Ritus und der Verfassung, Lehre und Amt.

Thomas von Aquin bezeichnet mit dem Begriff "religio" die natürliche Vernunft zur Befähigung der Erkenntnis und Verehrung Gottes, wie es auch die Offenbarung gibt.

Martin Luther folgt der Scholastik zunächst, um in der Folge Religion reformatorisch als Ausdruck menschlicher Selbstbehauptung und des Bemühens die Gerechtigkeit vor Gott zu erlangen.

Nach dem Zerfall der Religionen des Christentums in einzelne Konfessionen kommt mit der Aufklärung durch die autonome Vernunft des Menschen eine neue Fundierung und Interpretation. Die entstehende Ethik erhebt eine moralische Religion zum Kriterium.

Folgernd daraus kommt es bei Dietrich Bonhhoeffer zur Verhältnisbestimmung von Religion und Christentum als dualistisches Welt- und Menschenbild. Religion führt zur Beschränkung des Glaubens ("Partialität") auf Teilfunktionen im menschlichen und kulturellen Leben. Daraus ergibt sich die Aufgabe eines theologisch reflektierten Engagements mit der Welt. Es folgt der Gedanke, die Inhalte der biblischen Botschaft in eine veränderte Zeit transformieren zu können.

Das Dilemma der Religion bleibt bestehen.

Karl Barth trennt Religion und Offenbarung und gerät in die Gefahr, Gott zu einer metaphysischer Spekulation verkommen zu lassen. Paul Tillich lässt dagegen die Dimension des Glaubens in einem unspezifischen Religionsbegriff aufgehen und Religion wird zu einer indifferenten Größe.

11.2 Funktionen von Religion    

Neben dem Missbrauch wie Abhängigkeit, kommt es zur Stabilisierung von Werten und Normen.

Zu benennen sind die überwiegend positiven Funktionen der Religion wie

  • Lebenserfahrungen Sinn und Bedeutung zu geben,
  • Lebensziele anzubieten und zu verwirklichen,
  • Krisensituationen zu bewältigen,
  • Wertorientierung zu ermöglichen,
  • Übergangssituationen zu begleiten,
  • Grunderfahrungen in größere Kontexte zu stellen,
  • Gefühle zu stabilisieren und Schutz zu bieten,
  • Interpretation von sozialem Handeln,
  • Förderung von kommunikativem Handeln,
  • Angebot von Werten und Normen,
  • Hinterfragen von sozialen Verhältnissen und Förderung von Veränderung und
  • Wirkung von Gemeinschaftsbildung.
11.3 Ausdrucksformen    

Religiöse Erfahrungen wollen mitgeteilt und artikuliert werden in Ausdrucksformen, Symbolen und Aufnahmemustern (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 13-15).

  • Lebensübergänge - Geburt, Volljährigkeit, Heirat und Begräbnis
  • Sinnzusammenhänge - Saat und Ernte
  • Feste - Feiertage
  • Symbole - Erkennungszeichen
  • Meditationen - Gebete und Erzählungen
11.4 Kritische Auseinandersetzungen    

Kult- und Kirchenkritik gab es seit früher Zeit.

Kritik von innen führten etwa auch die Propheten an der Vermischung von Jahwe-Glauben? und Baals-Kult?, an der Institution des Königtums, an einer geringen Frömmigkeitspraxis.

Jesus führte Kritik am religiösen Lohn - Leistungsdenken der jüdischen Zeitgenossen.

Mittelalterliche Reformbewegungen führten Kritik wie etwa die Waldenser, Cluniazenser, Franziskaner, Vorreformatoren und die Reformatoren.

Auseinandersetzung mit der Religion oder religiösen Fehlformen orientiert sich fast ausschließlich am 1. Gebot oder an der Rechtfertigungslehre. Diese Kritik strebt von einer christlichen Basis her Kurskorrekturen an (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 16-19).

Mit der Aufklärung kommt es zu einer radikalen Religionskritik ausgehend vom Ansatz der Renaissance, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt, ohne Rückbindung an theologische Interessen.

Die Kritik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzt am Erscheinungsbild der Kirchen an. Die Neugestaltung von Arbeit und Gesellschaft und besonders im evangelischen Bereich die Verflochtenheit von Kirche und Staat kommt es zur Spaltung im Bürgertum.

Zwei Positionen im Folgenden skizzenhaft dargestellt, weisen auf eine kritische Haltung in der Gesellschaft.

  • Karl Marx weist auf den Zusammenhang mit der Gesellschaft hin und andere Bedingungsursachen.
    • Entfremdete Arbeit in der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts veräußert seine Produkte an den Kapitaleigner. Durch die enge Verbindung von Kirche und Staat kommt es zu Rechtfertigungen der bestehenden Verhältnisse. Wenn es zu radikalen Änderungen kommt, erübrigt sich Religion als Produkt eines verkehrten Bewusstseins. So kommt es zu einer Kritik der Realität und damit des religiösen Elends.
    • Relevant bleiben die Anfragen der marxistischen Religionskritik in der Folge im Kirchenkampf, einer Theologie der Revolution und Theologie der Befreiung (vgl. die Bedingungen und Rolle von Religion in der Sowjetunion, DDR, in China, Mittel- und Südamerika).
  • Siegmund Freud leitet seine Kritik aus der Analogie religiöser Phänomene zu unbewussten psychischen Vorgängen ab.
    • Entstehungsursachen werden im Ausweichen der Wirklichkeit zur eigenen psychischen Entlastung kindliche Erinnerungen religiöser Vorstellungen als Erinnerungsbild in den Vordergrund gerückt. Gesehen wird das Schuldgefühl im Sündenbewusstsein, Überhöhung von Gottheit in Riten und Gedenkfeiern.
    • Zu würdigen sind die Zusammenhänge zwischen Religion und Neurose, etwa kirchliche Strukturen und Frömmigkeitsmuster mit neurotisierender Wirkung. Diese Impulse führen durchaus zu Verkürzungen und Verzerrungen religiöser Inhalte.
    • Zu vermerken sind bei Freud die Fehlformen religiöser Praxis aus der Kenntnis seiner Patienten. Seinen Überlegungen fehlen die theologischen Erkenntnisse des Gottes der Bibel als Gott der Liebe, der mündigen und autonomen Menschen als Ebenbild des Gottes. Das Evangelium versteht sich als Botschaft und Zusage der Befreiung.
Geschichte Israels - Urgemeinden    

11.5 Frühzeit - Königszeit    

11.5.1 Frühzeit    

Die Vorfahren des Volkes Israel waren semitische Nomaden mit Einwanderung um 2000 v. Chr. in Syrien-Palästina? (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 25-32).

Mehrere Einwanderungswellen wie die Kanaanäer etwa 2100-1700 v. Chr. mit eigenständiger Kultur, in der Folge die aramäischen Völker etwa 1400-900 v. Chr. mit israelischen Stämmen.

Von 1800-600 v. Chr. stand das Land unter der Herrschaft der Hyksos, die in Ägypten eindrangen und zwischen 1700-1580 v.Chr. über Syrien-Palästina? und Ägypten die Herrschaft errichteten. Abgelöst wurden die Hyksos durch das Neue Reich in Ägypten, die Syrien-Palästina? unterwarfen.

In der ägyptischen Herrschaft drangen die Israeliten in das Land ein, aramäische Nomadengruppen vermutlich aus Nordmesopotamien, später israelische Sippen unter Mose vom Süden her.

Das Volk Israel hat sich nach der Einwanderung langsam zu einer Volks- und Glaubensgemeinschaft aus einer Nomadenreligion entwickelt.

Gelebt wurde in Sippen, in der Folge zusammengeschlossen zu Stämmen von Stammesführer bzw. einem Stammesvater geleitet.

Der Glaube Israels hat sich aus einer Nomadenreligion entwickelt. Jede Sippe hatte ihre eigene Gottheit. Die Sippenreligionen vereinigten sich zu einer Stammesreligion.

Im Alten Testament liest man häufig "der Gott des Vaters" oder "der Gott eurer Väter" als Stammesväter gemeint. Vatergestalten sind die "Erzväter" Abraham, Isaak und Jakob mit einem gemeinsamen Glauben (Ex. 3,6).

Wesensmerkmal war die Bindung an eine Menschengruppe, die Gottesverheißungen mit Zusagen der Führung - Nachkommenschaft - Landbesitz.

In Palästina begegnete man einer Kulturlandreligion mit Heiligen Orten und Heiligtumlegenden, die Offenbarungen ausweisen. Die Sippengötter und Landesgötter werden gleichgesetzt. Die Heiligtümer werden auf die Gottheit der Erzväter übertragen. Die Glaubensüberlieferung wird demnach während der Sesshaftwerdung durch kanaanäische Elemente bereichert.

Der Glaube wird in Form von Geschichten in Form von Erzählungen in der Folge als Erzählkomplexen literarisch und auch dichterisch ausgestaltet.

Wesenszüge des alttestamentarischen Glaubens zeigen sich im Geschichtsverständnis Israels und der Erwählung des Volkes von Gott. In solcher Glaubensgeschichte verstehen sich die Verfasser der Erzählzusammenhänge und Schriften als Theologen und Verkünder, nicht als Historiker. Demnach ist das Glaubensbild nicht identisch mit dem Verständnis der heutigen historischen Zusammenhänge und bedarf der historischen Interpretation.

Der Schritt zum alttestamentarischen Glaubensverständnis bestand mit der Überlieferung in der Exodus- und Sinaitradition, die zu einem einheitlichen Gottesbild wuchsen und den jüdischen und christlichen Glauben prägten.

  • Die Exodustradition erhält die Erinnerung an die Unterdrückung in Ägypten, ihre Flucht und Errettung durch das Rote Meer Ende 1300 v.Chr. Als das älteste Schriftzeugnis im AT findet sich das "Miriamlied" mit dem Grundverständnis, was Gott getan hat (Ex 15, 21). Der Gottesglaube Israels ist bis heute durch die Exodustradition bestimmt (Ex 15,3).
  • Die Sinaitradition hat mit der Sesshaftung im Kulturland zum monotheistischen Glauben geführt. Sie erinnert an die Wüstenwanderung der Mosegruppe durch das Gebiet der Midianiter. Hier begegnete die Mosegruppe dem Gottesname "Jahwe", den sie für ihren Gott übernahm. Ursprünglich war Jahwe ein Berggott. Die Tradition hat ihn später mit dem 2600 m hohen Gebirgsstock auf der Halbinsel Sinai verbunden.
  • Der Gottesgaube ist durch eine Ausschließlichkeit, Bildlosigkeit und Geschichtsbezogenheit gekennzeichnet (Ex 20,2-4; 3, 14).
11.5.2 Königszeit    

Mit dem Abschluss der Einwanderung um 1000 wird Saul, in der Blütezeit David und in der Folge Salomon König (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 28-31; BORMANN 2014, 93-96).

  • Saul um 1000
Die politische Entwicklung Israels wird mit der Wahl Sauls, einem Hirten aus dem Stamm Benjamin, durch die Stämme in Mittel- und Nordpalästina bestimmt.

Die Schwäche der Großreiche Mesopotamiens und Ägyptens nützten die Philister, Israel mit ihren Waffen aus Eisen zu erobern. Zu gleichen Zeit begannen die Ammoniter die Stämme Israels vom Osten her anzugreifen.

Saul (um 1005) gelang es, die Ammoniter zu schlagen und in einem langen Krieg sich gegen die Philister zu behaupten.

Nach der verlorenen Schlacht gegen die Philister in der Ebene bei Jesreel stürzte sich Saul in sein Schwert, das Westjordanland wurde eine Provinz der Philister.

  • David 1004/3-965/4
Innerhalb weniger Jahre hat David aus dem losen Stämmeverband und entstehenden Nationalstaat ein Großreich geschaffen. Israel verstand sich nunmehr als eine religiöse und politische Größe. Es kommt die Zionstradition dazu, auf dem Hügel Zion in Jerusalem baute David den Königspalast und später Salomon den Tempel.

David stammte aus Bethlehem, war im Dienste als Söldner von König Saul, später ein erfolgreicher Truppenführer. Es kam zu Spannungen zwischen beiden und kämpfte gegen die Philister und gegen die Raubzüge von Nomadengruppen. Nach dem Tode von Saul wurde David vom Stamm Juda zum König erhoben, die übrigen Stämme wählten zunächst Sauls Sohn Eschbaal und nach dessen Tod David auch ihr König.

Damit war er der Herrscher der Doppelmonarchie Israel und Juda. Zunächst residierte er in Hebron, wo der Überlieferung nach die Grabstätten der drei Erzväter Abraham, Isaak und Jakob liegen. In der Folge verlegte er seine Residenz nach Jerusalem, einem eroberten Stadtstaat in der Mitte beider Reiche.

Nach der Eroberung der benachbarten Königreiche der Ammoniter, Moabiter und Edomiter reichte das Großreich Israel vom Mittelmeer bis zur Arabischen Wüste. Gesichert wurde das Reich durch militärische Stärke mit Söldnertruppen und königstreuen Elitetruppen, zentraler Verwaltung durch königliche Beamte und die kultische Begründung durch Jahwekultus seiner Herrschaft. Jerusalem wurde die "Stadt Davids", der Sitz der Bundeslade und zentrale Kultstätte politisch und theologisch.

  • Salomon 965/4-926/5
Die Bedeutung liegt im Frieden im Großreich. Salomon ist Diplomat und kein Kriegsherr. Israels Hoffnung liegt im messianischen Friedensreich, in dem die Völker ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden (Jes. 2, 4-5). Weiterhin wird die Sicherheit abgesichert durch das Militär und Militärbasen bzw. Festungen, eine straffe Verwaltungsorganisation und die religiöse Begründung des Staates nunmehr mit dem glänzenden Tempelbau, daneben einen großen Königspalast. In diesem Zentrum wurde eine Schule für den Beamtennachwuchs errichtet.

Die Sammlung der Gelehrten wird im Vorderen Orient als "Weisheit" bezeichnet, das AT beinhaltet mehrere Bücher als der Weisheitsliteratur, so auch die "Sprüche Salomos". Die Sammlung der Überlieferungen findet durch Geschichtsschreiber statt, in Israel als der Geschichte Jahwes. Der Jahwist gilt als der wichtigste Schreiber in Israel. Sein Verständnis der Geschichte Israels ist eine Welt- und zugleich Heilsgeschichte. Diese Geschichtstheologie war an die Situation zur Zeit Salomos gebunden.

Salomon bedient sich in seinem Verhältnis zu den Nachbarstaaten der Handelsverträge mit Export und Import, was zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führt. Das Sozialgefüge verändert das Land, das Kapital sammelt sich in den Städten, Großgrundbesitz, Geldwirtschaft anstatt Tauschhandel entsteht. In der Folge entstand eine grundbesitzlose und unfreie Landarbeiterschaft. Es verschärfen sich die Spannungen zwischen dem Südreich Juda mit der Zentrale bzw. Machtzentrum Jerusalem und dem Nordreich Israel (Agrarkultur).

11.6 Historische Entwicklung - Untergang Israel und Juda    

Nach Salomon wurde sein Sohn Rehabeam Nachfolger, Juda erkannte ihn und Israel jedoch nicht. Eine Wiedervereinigung scheiterte an den sozialen Spannungen. Samaria wurde im Norden die Hauptstadt, Jerusalem blieb es im Süden.

In der Folge kam es nach dem Verlust der eroberten Gebiete unter David zum Untergang beider Reiche (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 33-36; HEILIGENTHAL-SCHNEIDER? 2004, 58-67; BORMANN 2014, 137-154).

11.6.1 Zerfall des Nordreichs    

In der Folge entstehen im Vorderen Orient neue Großreiche mit Machtansprüchen bis zum östlichen Mittelmeerraum.

  • Zur Zeit Salomos bildete sich in Syrien ein Aramäerstaat mit Damaskus als Zentrum mit dem Versuch um 900 v. Chr. einer Ausdehnung nach Süden. In Mesopotamien entwickelte sich das Assyrische Reich zwischen 900 und 600 v.Chr. unter Tiglatpilesar III. mit dem Anspruch eines Reiches vom Persischen Golf bis nach Ägypten.
  • Das Nordreich und Aramäische Reich schließen ein Bündnis gegen die Assyrer, Juda unterwirft sich Tiglatpilesar aus freien Stücken und rief die Assyrer um Hilfe.
  • Die eroberten Gebiete wurden später Provinzen und es kam zu Deportationen und Ansiedelungen durch die assyrische Oberschicht.
  • Das Nordreich Israel hörte damit auf zu existieren. Der Jahweglaube blieb als Religion bestehen.
11.6.2 Zerfall des Südreichs    

Um 700 v. Chr. zerfiel das Assyrische Reich, es folgte das Neubabylonische Reich ebenso mit dem Anspruch der Vorherrschaft.

  • Der babylonische König Nebukadnezar macht Juda zum Vasallenstaat, erobert 597 Jerusalem und deportiert die Führungsschicht.
  • Juda versucht die babylonische Herrschaft abzuschütteln und schließt sich Ägypten an.
  • Das ägyptische Heer wird von Nebukadnezar geschlagen.
  • 587 erobert nach langer Belagerung Nebukadnezar Jerusalem, zerstört die Stadt mit Stadtmauer, den Tempel und Palast. Juda wird eine babylonische Provinz, das Südreich ging unter.
  • Die Fundamente des Glaubens waren verloren, der Jahweglaube erwies sich in der Diaspora als erhaltende Kraft.
Die politische Einheit war zerbrochen, am Monotheismus des Jahweglaubens wurde festgehalten, Gefährdungen gab es mit dem Zulassen des kanaaischen Baalkults.

In dieser Phase gewinnen die Propheten als Einzelgestalten eine Bedeutung religionsgeschichtlich. Sie verstehen sich im AT als Gottesboten, die auf Grund einer Eingebung oder einer Berufung den Gottesspruch "So hat Jahwe gesprochen" als Wort- und Schriftpropheten verkünden.

Am Ende des Nordreichs Israel treten die ersten Schriftpropheten auf.

  • Amos um 760 v. Chr. und Hosea zwischen 750 und 725 im Nordreich. Jesaja 746-70 in Jerusalem und Micha spätes 8. Jh. im Südreich.
  • Als das Südreich untergeht sind vor allem die Propheten Hesekiel 597 im Exil, Objada 694 und 587 in Jerusalem und Jeremia 627 und 587 im Südreich und Jerusalem von Bedeutung.
  • Ihre Kritik richtet sich neben dem Aufruf zur Umkehr auf soziale Ungerechtigkeiten bei Übergang der Agrarwirtschaft zur Geldwirtschaft (Aufkauf des Landes, Armut, Luxusleben der Reichen), Rechtsverletzungen (Bestechlichkeit, Benachteiligung von Witwen) und mangelhafter Verwirklichung von Gerechtigkeit im Sinne Jahwes.
.

11.6.3 Jahweglaube - Propheten    

Die politische Einheit war zerbrochen, am Monotheismus des Jahweglaubens wurde festgehalten, Gefährdungen gab es mit dem Zulassen des kanaaischen Baalkults.

In dieser Phase gewinnen die Propheten als Einzelgestalten eine Bedeutung religionsgeschichtlich. Sie verstehen sich im AT als Gottesboten, die auf Grund einer Eingebung oder einer Berufung den Gottesspruch "So hat Jahwe gesprochen" als Wort- und Schriftpropheten verkünden.

Am Ende des Nordreichs Israel treten die ersten Schriftpropheten auf.

Amos um 760 v. Chr. und Hosea zwischen 750 und 725 im Nordreich. Jesaja 746-70 in Jerusalem und Micha spätes 8. Jh. im Südreich.

Als das Südreich untergeht sind vor allem die Propheten Hesekiel 597 im Exil, Objada 694 und 587 in Jerusalem und Jeremia 627 und 587 im Südreich und Jerusalem von Bedeutung.

Ihre Kritik richtet sich neben dem Aufruf zur Umkehr auf soziale Ungerechtigkeiten beim Übergang der Agrarwirtschaft zur Geldwirtschaft (Aufkauf des Landes, Armut, Luxusleben der Reichen), Rechtsverletzungen (Bestechlichkeit, Benachteiligung von Witwen) und mangelhafter Verwirklichung von Gerechtigkeit im Sinne Jahwes.

11.7 Entstehung des Judentums und babylonisches Exil    

Im Folgenden wird sich bezogen auf FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 36-51; HEILIGENTHAL - SCHNEIDER 2004, 232, 234.

11.7.1 Judentum im Exil    

587 mit der Eroberung Jerusalems kam es zu einer großen historischen Änderung Israels mit dem Verlust der Selbständigkeit und der Vorherrschaft der Großmächte bis in den Mittelmeerraum.

Der Untergang beider Reiche hatte als Folge Exiljuden in der Diaspora.

In der Folge wurde das Wort "Judäaer" für alle Israeliten in der Diaspora verwendet, das im Deutschen als Wort "Jude" wurde. "Israeelit" geht auf den Stammvater Israel zurück und die Zugehörigkeit zur Heilsgeschichte, heute als Staatsbürger des Staates Israel. Das Wort "Hebräer" hat sich seit der nachexilischen Zeit durchgesetzt und wird gegenüber Ausländern im ethnologischen Sinne gebraucht.

Nach dem Untergang Jerusalems flohen jüdische Truppen nach Ägypten auf die Nilinsel Elephantine bei Assuan. Deportierte nach Babylon wurden in einer eigenen Kolonie mit dem Recht freier Religionsausübung angesiedelt.

539 v.Chr. eroberten die Perser unter Kyros das Babylonische Reich, die unterworfenen Völkern eine gewisse Eigenständigkeit einräumten. Juden erhielten das Recht der Rückkehr nach Jerusalem und dem Wiederaufbau des Tempels 537 v.Chr. Eine Neubesiedelung Judas begann und blieb eine persische Provinz mit Autonomie. Die Selbstverwaltung ging in die Hand eines Hohenpriesters. Die politische Macht hatte zunächst ein Statthalter, die religiös-klerikale der Hohepriester. In der Folge erhielt auch die politische Führung des Tempelstaates der Hohepriester.

Im 5. Jh. v. Chr. erhielten Nehemia (445 als Statthalter) und Esra für den Tempelstaat eine Bedeutung.

  • Nehemia befestigte Jerusalem, führte eine Sozialreform mit allgemeinem Schuldenerlass und einer neuen Tempelsteuer durch.
  • Esra als Priester hatte die Funktion eines "Schreibers", Staatssekretärs für jüdische Kultusangelegenheiten, führte 397 eine religiöse Reform in Jerusalem durch (Verpflichtung auf die Tora, Aufhebung der Mischehen).
Alexander d.Gr. eroberte im 4. Jh. v. Chr. das Perserreich. Sein Weltreich zerfiel in drei Diadochenstaaten, Juda geriet unter die Herrschaft der Ptolemäer und später der Seleukiden. Im 2. Jh. v. Chr. kam es zu einem Aufstand gegen die Seleukiden.

164 v. Chr. erkämpfte man unter Judas Makkabäus die religiöse und 140 auch die politische Unabhängigkeit. 63 v. Chr. fiel das Land unter die Herrschaft der Römer, der Hohepriester verlor die politische Funktion. Die Tetrachen übten in römischer Abhängigkeit ihre Macht aus.

11.7.2 Jüdischer Glaube im Exil    

Vier Entwicklungen kennzeichnen den Zeitraum.

  • Synagogengemeinde - Jahweglauben, Tora, Synagoge mit Gebet, Gesang und Lesung - Toralehrer, Sabbatgebet, Beschneidung, Speise- und Reinlichkeitsvorschriften
  • Priesterschrift - Jahwisten, Elohisten, Theologie des Wortes
  • Exilpropheten - Deuterojesaja - Heilsbotschaft als Handeln in der Zukunft
  • Apokalyptik - Weltplan Gottes in Phasen, Offenbarungsschriften, im AT das Danielbuch
11.8 Judentum in der hellenistischen und neutestamentlichen Zeit    

11.8.1 Religiöses Leben    

  • Hoherpriester - Synedrium - Anwendung des Religionsgesetzes, Gerichtsbarkeit
  • Schriftgelehrte - unter Esra, Rabbinerschulen, Schulen und Lehramt, "Rabbi"
  • Schriftauslegung - Halacha als Aktualisierung des Pentateuchs, Haggada als volkstümliche Auslegung der Bücher ohne Pentateuch
11.8.2 Religiöse Strömungen    

  • Sadduzäer - begründet durch Zadok, Anhänger unter Jerusalemer Adel und Priesterfamilien, Sabbatgebot, politisch pragmatisch
  • Pharisäer - gegen die hellenistische Überfremdung, feste Gemeinschaften, Gebote des Gesetzes
  • Zeloten - gegen römische Herrschaft, Widerstandsgruppen, nahe den Pharisäern, Simon der Eiferer gehört dem Jüngerkreis Jesu an
  • Essener - strenger Gesetzesgehorsam, Gemeinschaften in Dörfern und Städten, Texte in Höhlen von Qumran
11.9 Jesus von Nazareth - Urchristentum    

11.9.1 Umwelt Jesu    

  • Politische Situation - 64 v. Chr. Pompejus erobert Jerusalem, Herodes Antipas Statthalter mit römischem Bürgerecht, Tiberias Hauptstadt, Herodes d.Gr. folgt
  • Soziale Verhältnisse - Agrarstaat, Einfluss römischer Stadtkultur, soziale Unterschiede zwischen Land und Städten
  • Zeitrechnung - Orientierung an Sonne und Gestirnen, Sabbatruhe, 12 Zeiteinheiten
  • Gottesdienste, Riten und Feste - Synagoge Männergemeinde, Bescheidung, Mizwa - Passafest Auszug aus Ägypten, Massotfest Erinnerung an Exodus, Schnitternte Dank Gesetzgebung Sinai, Laubhüttenfest Dank Schutz Wüstenwanderung
11.9.2 Leben und Wirken    

  • Quellen - Tacitus nichtchristliche Quellenangabe, Markus, Matthäus, Lukas, Johannesevangelium Glaubenszeugnisse
  • Biographie Jesu - ältester Sohn Maria und Joseph, kein genaues Geburtsjahr, Muttersprache galiläische Aramäisch, vier Brüder Jakobus, Joses, Juda, Simon, Jakobus später Leiter der Jerusalemer Urgemeinde - Anschluss an Taufbewegung Johannes, selbst predigen nach Loslösung von der Taufbewegung, Ansage und Zuspruch des Reichs Gottes, möglich Anschluss pharisäischer Richtung
  • Jüngerkreis - Wirken in Galiläa und angrenzende Gebiete
  • Botschaft Jesu - Ruf zur Umkehr, Botschaft der Herrschaft Gottes, Verhältnis zum Nächsten
  • Ethik Jesu - Normen von der Zukunft Gottes, Ethik der Dankbarkeit und um des Menschen willen (Mk 2, 27)
  • Passionsbericht - theologische Interpretation, Konflikt mit hohenpriesterlichen Kreisen
11.9.3 Urchristentum    

  • Botschaft von der Auferstehung - Fortsetzung der Predigt durch Jünger - Urgemeinde als Gottesvolk angesehen
  • Gottesdienstform mit Grundelementen des jüdischen Gottesdienstes, Taufe als Gemeindezugehörigkeit
  • Die Urgemeinde löst die soziale Frage in einer theologischen Deutung als eine Gemeinschaft im Geiste der Liebe.
  • Sie bestand aus Juden aus Palästina und aus Judenchristen griechischer Muttersprache. Für die Versorgung der hellenistischen Witwen wurden "Armenpfleger" Diakone eingesetzt, die auch die Wortverkündigung erhielten.
Von Interesse ist in diesem Zeitrahmen das Judentum unter Paulus.

  • Antiochien wurde neben Jerusalem das zweite Zentrum des Urchristentums. Mit der Mission stieß man in den Raum der synkretischen Religionen vor. Jesus wurde als die Gottheit verstanden. Die palästinensischen Christen verstanden ihn dagegen als Messiaskönig einer erwarteten Heilszeit. Die Gemeindeleitungen wurden durch die Apostel, Propheten und die Lehrer ohne eine feste Organisation wahrgenommen.
  • Paulus in Tarsos geboren mit römischer Reichsbürgerschaft, stammt aus streng jüdischem Elternhaus und zweisprachig und bikulturell aufgewachsen. Stoische Philosophie und die Laienbewegung der Pharisäer beeinflussen ihn stark.
  • Betrieb jüdische Heidenmission und kam mit der Missionsarbeit der hellenistischen Christen in Konflikt. Es scheint, dass er besonders die Gemeinden der hellenistischen Christen verfolgt hat und harte Strafmittel angewendet hat.
  • Zwischen 32 und 35 n. Chr. erlebte er seine Bekehrung zum Christen und Heidenmissionar. Er nahm für die hellenistischen Gemeinden in Kleinasien die Heidenmission auf.
  • Der Streit durch die Missionsarbeit ausgelöst über Judenchristen- und hellenistische Christengemeinden (Heiden-) drängte auf eine Entscheidung. Die Zusammenkunft wird als "Apostelkonzil" bzw. Apostelkonvent bezeichnet (zwischen 44 und 49 n.Cr.). Die Beschlüsse waren für alle Gemeinden gültig, dass Heidenchristen keine jüdischen Gesetze befolgen müssten, beiden Seiten an keine Vorleistungen gebunden waren, Heidenmission wurde anerkannt.
  • Die Gemeinschaft einer Kirche galt ausdrücklich mit dem gemeinsamen Bekenntnis zur Heilsgeschichte und dem AT, also der Einheit im Glauben und Pluralität von Gestaltungs-und Gemeinschaftsformen ("Ökumene"). Offen blieb die Praxis, wenn es zu gemischten Gemeinden kam.
  • Nach dem Apostelkonzil hatte Paulus nur wenige Jahre für die Heidenmission.
    • Ökumenisch sah sich Paulus gesandt für alle Völker des Römischen Reiches, zunächst in die östlichen Zentren des Reiches wie Thessalonich, Korinth, Ephesus und gründete dort Gemeinden. Danach führte ihn eine Reise in die Westhälfte über Rom und geplant bis nach Spanien ohne Durchführung. In Rom starb er den Märtyrertod vermutlich unter den Verfolgungen von Nero.
    • Heilsgeschichtlich bedeutete war der Bezug auf Juden und Heiden. Erst wenn die Juden sich verweigerten, wandte er sich den Heiden zu. Für den weiteren Verlauf war es von Bedeutung, dass es zur Gründung von Gemeinden kam, in denen die Theologie von Paulus aufgenommen wurde, besonders Ephesus, wo er verfolgt, verhaftet und gefangen gehalten wurde. Wichtige Briefe wurden trotzdem in Ephesus verfasst wie der Galaterbrief, Korintherbrief und eventuell Philipperbrief. Mit seinen Mitarbeitern blieb der Kontakt zu anderen Gemeinden, vielleicht einer Gründung einer "Paulus-Schule?" in Ephesus, aus der unechte Paulusbriefe stammen könnten (Kolosser, Titus).
Bibelkunde    

Die Bibel ist ein Sammelwerk und vereinigt selbständige Schriften der israelisch-jüdischen Volksgemeinde und urchristlichen Gemeinde mit eigener Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte und verschiedenartigen Sammlungen zum Alten Testament/ AT mit 39 und Neuen Testament/ NT mit 27 Schriften.

Ein Verständnis der Bibel setzt bibelkundliche Grundkenntnisse voraus (vgl. FREUDENBERG - GOSSMANN 1995, 57-80; BORMANN 2014; HEILIGENTHAL-SCHNEIDER? 2004, 20-78, 114-230)

11.10 Altes Testament    

11.10.1 Geschichtsbücher    

  • Pentateuch (5 Bücher Mose) und Buch Josua
  • Buch der Richter, Bücher Samuels und der Könige
  • Chronik-Bücher?, Esra und Nehemia
11.10.2 Lehrbücher (Poetische Bücher)    

  • Buch der Palmen (Psalter)
  • Buch Hiob
  • Buch der Sprüche
  • Buch Ruth
  • Hohe Lied
  • Buch des Predigers
  • Klagelieder
  • Buch Esther
  • Daniel
11.10.3 Prophetische Bücher    

  • Jesaja
  • Jeremia
  • Hesekiel
  • Hosea
  • Joel
  • Amos
  • Obadja
  • Jona
  • Micha
  • Nahum
  • Habakuk
  • Zephania
  • Haggai
  • Sacharia
  • Maleachi
11.11 Neues Testament    

Die Schriften beinhalten die Heilsbotschaft ("Evangelium") von Jesus Christus und Gewissheit der Auferstehung, mit den Apostelbrief begründen sie in ihrer Unterschiedlichkeit die Bekundung dieses Glaubens. Das Schrifttum entstand zwischen 50 und 150.

11.11.1 Evangelien und Apostelgeschichte    

  • Wirken in Galiläa
  • Weg nach und letztes Wirken in Jerusalem
  • Passion und Auferstehung
- - -

  • Matthäus
  • Markus
  • Lukas
  • Johannes
  • Apostelgeschichte - Urkirche-Paulus-Apostelkonzil?
11.11.2 Briefe des Paulus    

  • Römerbrief
  • 1. und 2. Korintherbrief
  • Galaterbrief
  • Philipperbrief
  • 1. Thessalonikerbrief
  • Philemon
11.11.3 Deuteropaulinische Briefe    

  • Epheserbrief
  • Kolosserbrief
  • 2. Thessalonikerbrief
  • 1. und 2. Timotheusbrief
  • Titusbrief
11.11.4 Übrige Briefe    

  • 1. und 2. Petrusbrief
  • 1., 2. und 3. Johannesbrief
  • Hebräerbrief
  • Jakobusbrief
  • Judasbrief
11.11.5 Offenbarung des Johannes    

  • Denkweise verschlüsselt und symbolreich
  • Apokalyptik
Kirchengeschichte    

Kirchengeschichte steht zwischen Geschichtswissenschaft und Theologie. Die folgenden skizzenhaften Schwerpunkte beruhen auf einem persönliche Interesse und sind Aspekte evangelischer Kirchengeschichte (vgl. HEILIGENTHAL-SCHNEIDER? 2004, 231-269).

Gegenstand sind die

  • Geschichte der Institution Kirche und Personen,
  • Entwicklung des christlichen Bekenntnisses und
  • Geschichte der Ausbreitung.
11.12 Geschichte der Alten Kirche    

  • Urgemeinde - Kreuzigung Jesu - Jesu Jünger
  • Heidenmission - Apostelkonzil in Jerusalem
  • Verfestigung der Strukturen - Traditionsbildung - Verfasser der NT-Schriften?
  • Grundlagenkrise - Gnostizismus, Marcionitische Gegenkirche- Montanus
  • Erste Kirchenväter - Tertullian- Origines
  • Christenverfolgungen - Decius, Valerian, Diokletian
  • Konstantinische Wende - Vereinbarung von Mailand - Galerius, Konstantin
  • Lehrentscheidungen - Konzilien Nicäa und Konstantinopel - Chalkedon - Arius vs. Athanasius, Augustin
11.13 Mittelalter    

  • Christentum und Germanenherrschaft - Taufe Chlodwigs, Mission der Germanen - Merowinger - Winfrid Bonifatius
  • Mönchtum - Benediktinerregel -Cluniazenser Reform-Armutsbekämpfung? - Benedikt von Nursia, Petrus Waldus, Franz von Assisi
  • Kaiser und Papst - Pippinische Schenkung-Reichskirchensystem? -Investiturstreit - Karolinger, Otto I. Gregor VII. vs. Heinrich IV.
  • Kreuzzüge - Eroberung Jerusalem -Kreuzfahrerstaaten -Judenpogrome - Urban II. - Friedrich I.
  • Scholastik - Anselm v. Canterbury-dialektische Methode - Aristoteles-Rezeption? -Thomas von Aquin
  • Mystik -Einswerden mit dem Göttlichen - Hildegard von Bingen-Meister? Eckhart
  • Niedergang Papsttum - Avignon, Papstschisma-Vorreformatoren? - Konzil Konstanz - Renaissancepäpste - John Wyclif, Jan Hus
11.14 Reformation    

  • Historischer Kontext - Buchdruck, neues Weltbild Amerika, Dualismus Kaiser - Reichsstände, Türken vor Wien - Gutenberg, Kolumbus, Karl V., Friedrich der Weise von Sachsen, Suleiman II.
  • Humanismus - Sprachbildung, Kritik kirchliche Missstände, Fortschrittsoptimismus - Erasmus von Rotterdam
  • Anfänge Reformation - "Turmerlebnis", Thesenanschlag - Martin Luther
  • Auseinandersetzung Rom - Verhör Luthers Augsburg-Leipziger? Disputation-Bann? - Cajetan, Johann Eck, Leo X.
  • Auseinandersetzung Täufertum - Bauernkrieg - Thomas Müntzer
  • Reformation Schweiz - Abendmahlstreit Zwingli-Luther-Marburger? Religionsgespräch-Genfer? Kirchenordnung - Huldrych Zwingli-Johannes? Calvin
  • Luther und Erasmus -Erasmus "Vom freien Willen"-Luther "Vom unfreien Willen"
  • Politische Entwicklungen - Wormser Edikt, Augsburger Reichstag, Schmalkaldischer Krieg - Philipp Melanchthon
  • Konfessionelles Zeitalter - Konzil von Trient - "Heidelberger Katechismus" - "Konkordienwerk" - Dreißigjähriger Krieg - Westfälischer Frieden
11.15 Neuzeit    

  • Pietismus - Konventikel praxis pietatis, Biblizismus - Herrnhuter Brüdergemeinde - Philipp Jakob Spencer, August Hermann Francke, Nikolaus Graf von Zinzendorf
  • Aufklärung - historisch-kritische Bibelexegese, Leben-Jesu-Forschung? - Kritik der praktischen Vernunft - Gottfried Wilhelm Leibniz, Johann Salomo Semler, Hermann Samuel Reimarus, Gotthold Ephraim Lessing, Immanuel Kant
  • Protestantische Theologie und Kirchenpolitik - Gefühl als Anknüpfungspunkt der Theologie, Konsistorien vs. presbyterial-synodale Kirchenordnung, Kirchenunionen, "Altlutheraner", konservative-liberale Theologie, Kulturprotestantismus, Nationalprotestantismus - Friedrich Schleiermacher, Albrecht Ritschl, Adolf von Harnack
  • Katholische Kirche - "Ultramontanismus", Mariendogmen, Unfehlbarkeitsdogma, "Altkatholiken" - Pius IX.
  • Soziale Frage - Innere Mission, Katholische Soziallehre - Johann Hinrich Wichern, Adolf Kolping, Wilhelm Emanuel von Ketteler, Leo XIII
  • Dialektische Theologie - Realdialektik zwischen Mensch und Gott, christozentrische Wort-Gottes-Theologie?, Neubesinnung Rechtfertigungslehre, Karl Barth - Karl Holl
  • Nationalsozialismus und Kirchen -NS-Kirchenpartei, Reichskirche, Reichskonkordat, Enzyklika "Mit brennender Sorge", politischer Widerstand - Joachim Hossenfelder, Ludwig Müller, Karl Barth, Martin Niemöller, Pius XI., Dietrich Bonhoeffer, Alfred Delp
  • Entwicklungen seit 1945 - "Stuttgarter Schulderklärung", EKD, Ökumenischer Rat der Kirchen , II. Vaticanum, "Leuenberger Konkordie", DDR-Kirchenbund?, Wiedervereinigung der EKD - Theophil Wurm, Otto Dibelius, Johannes XXIII, Albrecht Schönherr
Pressehinweise    

Diskussion über die Abschaffung des Karfreitags-Feiertages?

Die Presse, 1.3.2019 > https://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5587682/Karfreitag_Die-Loesung-ist-ein-Hohn

Religion und Politische Bildung

Tiroler Tageszeitung, 2.3.2019 > https://www.tt.com/panorama/gesellschaft/15388246/religion-und-politische-bildung-ueber-den-umgang-mit-minderheiten

Literaturverzeichnis    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.


Battke A.-Fitzner Th.-Isak R.-Lochmann U. (2002): Schulentwicklung - Religion - Religionsunterricht. Profil und Chance von Religion in der Schule der Zukunft, Freiburg-Basel-Wien?

Blaschke O. (2019): Die Kirchen und der Nationalsozialismus, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10377, Bonn

Bormann L. (2014): Bibelkunde. Altes und Neues Testament, Göttingen

Deitelhoff N./Ließmann H./Bauerochse L./Baumgart-Ochse Cl./Hofmeister Kl./Kösters J./Nembach E. (Hrsg.) (2019): Mächtige Religion. Begleitbuch zum Funkkolleg Religion Macht Politik, Schwalbach/Ts.

Dichatschek G. (2017a): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2017b): Interkulturalität. Ein Beitrag zur Theorie, Bildung und Handlungsfeldern im Kontext von Interkultureller Öffnung und Politischer Bildung, Saarbrücken

Freudenberg H. - Goßmann Kl. (1995): Sachwissen Religion. Ein Begleitbuch und Arbeitsbuch für den evangelischen Religionsunterricht, Wien

Forum Politische Bildung (Hrsg.) (2013): Informationen zur Politischen Bildung Nr. 37/2013, Religion und Politik, Innsbruck-Wien-Bozen?

Hager A. (2018): Wie viel Kirche darf der Staat?, in: profil vom 30.3.2018, online > https://www.profil.at/gesellschaft/kirche-staat-europa-9669545 (15.2.2019)

Hamilton M.A. (2005): God vs. the Gavel. Religion and the Rule of Law, New York

Heiligenthal R.- Schneider Th. (Hrsg.) (2004): Einführung in das Studium der Evangelischen Theologie, Stuttgart

Hempelmann B.- Hochholzer M.- Sinabell J. (Hrsg.) (2017): Heute glauben in Europa. Zwischen Religionsdistanz und Religionsfanatismus, EZW-TEXTE? 247, Berlin

Holzbrecher A. (2005): Interkulturelles Lernen, in: Sander W. (Hrsg.): Handbuch politische Bildung, Schwalbach/Ts., 392-406

Kropac V. (2019): Religion Religiosität Religionskultur. Ein Grundriss religiöser Bildung in der Schule, Stuttgart

Köchler H. (2013): Das Verhältnis von Religion und Politik in Österreich und Europa. Die Idee des säkularen Staates, in: Informationen zur Politischen Bildung Nr. 37/2013, 5-17

Mecheril P. (2004): Einführung in die Migrationspädagogik, Weinheim-Basel?

Neve de D. (2011): Grenzen der Religionsfreiheit, in: Loretan A. (Hrsg.): Religionsfreiheit im Kontext der Grundrechte, Zürich, 163-187

Polak R.-Schachinger Chr. (2011): Stabil in Veränderung: Konfessionsnahe Religiosität in Europa, in: Polak R. (Hrsg.): Zukunft. Werte. Europa. Die Europäische Wertestudie 1990-2010: Österreich im Vergleich, Wien-Köln-Weimar?, 191-219

Pollack D.- Rosta G. (2018): Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1751, Bonn

Riesebrodt M. (2001): Die Rückkehr der Religionen, München

Riesebrodt M. (2007): Cultus und Heilsversprechen, München

Sander W. (2008): Politik entdecken - Freiheit leben. Didaktische Grundlagen politischer Bildung(= Politik und Bildung Bd. 50), Schwalbach/Ts., 190-200

Schäfer H. (2008): Kampf der Fundamentalismen. Radikales Christentum, radikaler Islam und Europas Moderne, Frankfurt/M.

Steinberg R.(2015): Kopftuch und Burka. Laizität, Toleranz und religiöse Homogenität in Deutschland und Frankreich, Baden-Baden?

Socksafsky U. (2077): Religion und Emanzipation - Kein Widerspruch?, in: Kadelbach St.-Parhisi P.(Hrsg.): Die Freiheit der Religion im europäischen Verfassungsrecht, Baden-Baden?, 111-122

Vocelka K. (2013): Multikonfessionelles Österreich. Religionen in Geschichte und Gegenwart, Wien-Graz-Klagenfurt?

Weingardt M. (2010): Religion Macht Frieden. Das Friedenspotential von Religionen in politischen Gewaltkonflikten, Stuttgart

Weingardt M.(2016): Frieden durch Religion? Das Spannungsverhältnis zwischen Religion und Politik, Gütersloh

V CHRISTENTUM    

Christentum    

I Christenheit    

Vorbemerkung    

Im Teilbereich "kulturell-religiöse Kompetenz" bietet sich als Weltreligion die Thematik "Christentum" in ihrer Vielfalt und Entwicklungsgeschichte an. In einer vielfältigen Gesellschaft sind die Bereiche Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz/ Bildung zunehmend von Bedeutung.

Ausgangspunkt dieses Teils der Studie sind die

  • Absolvierung des Studiums Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck (1985),
  • die Absolvierung des 1. Lehrganges Ökumene/ Kardinal König - Akademie (2006),
  • Absolvierung des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt? (2008) und 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg (2012) und
  • Auseinandersetzung mit der Fachliteratur.
Gegliedert ist die Studie in

  • "Christenheit", das frühe Christentum-Bildung?, zwei Jahrtausende Christenheit/ Überblick, Erziehungs- und Bildungsdenken, kulturell-religiöse Bildung und Demokratie und
  • "Ökumene" mit ihrer Bedeutung für eine zeitgemäße kulturell-religiöse Kompetenz.
12 Einleitung    

Kulturell-religiöse Bildungsprozesse, angestrebt in einer Politischen Bildung bzw. Interkulturellen Kompetenz/ ICC, sind gekennzeichnet in einer Erinnerungsfähigkeit unserer Gesellschaft, Überzeugungsfähigkeit, Lebensbedeutung und Lebensführung (vgl. in der Folge RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 178-182).

Es geht um das kulturell und religiöse Gedächtnis, bedeutungsvoll als Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität. In Europa sind diese Inhalte nicht ohne eine christliche Tradition in Glaubenserfahrung zu verstehen. Diese Erfahrung und Weitergabe erweitert sich zu einer Lebenserfahrung. Vor diesem Hintergrund versteht es sich, dass sich in Bildungs- und Erziehungsprozessen in Fragen religiöser Bildung und Politischer Bildung Unterschiede ergeben müssen.

Bildungsanstrengungen ergeben sich in indirekten Erziehungswirkungen und sozialen und kulturellen Handlungsräumen im Bildungssystem mit Lernprozessen. Wesentlich sind formale (Bildungsinstitutionen) und non-formale Bildungsbemühungen (eigener Lebensort) mit ethischen Resonanzräumen.

Aktualität erfährt diese Bedeutung im öffentlichen Raum durch unterschiedliche kulturelle Herkünfte, religiöse Zugehörigkeiten und Lebensformen. Damit sind Lehr-, Lern- und Bildungsprozesse notwendig, beispielhaft als interkulturelle Bildung, Politische Bildung, Ethik und religiöses Grundwissen.

Bildungsinstitutionen sind nicht nur Orte des Wissenserwerb, durch die Bedeutung eines informellen Lernens und des Verlustes des Monopols der Wissenszugänge kommen auch andere Aufgaben dazu. Beispielhaft ist die Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz mit einem Orientierungswissen und einer Handlungskompetenz. In diesem Kontext ist neben dem Unterricht auch die Vermittlung von Lebensformen zu sehen.

Dazu gehört etwa die Religionsfreiheit mit ihrem Recht auf öffentlichen Raum, freiem Zugang zur Glaubensfreiheit und Gestaltung der (inter-)kulturellen Lebensform, einem weltanschaulich neutralen und pluralistischen Staat. Damit ist der Grund für eine Unterscheidung zwischen Politik bzw. Interkulturalität und Religion und die notwendige Bedeutung der entsprechenden Bildungsbereiche gegeben.

13 Frühes Christentum - Bildung    

Der Bezug zum frühen Christentum und der Bildung hat einen festen Platz in der Beziehung von christlichem Glauben und Bildung (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 17-28).

Ausgehend von der These, frühe Christen seinen kleine Leute aus der Unterschicht, sogar bildungsfern, was sich erst im Laufe des zweiten Jahrhunderts nach und nach geändert habe. Seit geraumer Zeit gibt es Untersuchungen der Soziologie, die diese Auffassung infrage stellen. Es zeigt sich, dass die herkömmliche Zuordnung nicht so eindeutig ist (vgl. THEISSEN 1979, 267). Unter Hinweis auf 1. Kor 1, 26-28, umfassen die Gemeinden verschiedene soziale Schichten. Dieses Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit hinterlässt eine Analyse von Konflikten bei versteckten Wertsystemen und Verhaltensnormen (vgl. MEEKS 1993, 233-263).

In der Antike gehören wirtschaftlicher, gesellschaftlicher Einfluss und finanzieller Wohlstand sowie Zugang zur Bildung eng zusammen. Gebildete, Mächtige und Angesehene bilden eine gesellschaftliche Schicht. In der Folge kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Christentum und antiker Philosophie, damit der Berührung des Christentums mit der Bildung der "paideia" und dem Zusammenhang von Lehren und Lernen. Im NT spielt dieser Kontext eine erhebliche Rolle (vgl. beispielhaft Mk. 10, 1; Mt 4.23; Mt 7.28; Mk. 4.23).

In der Antike wird mit "paideai" ein Lebenskonzept beschrieben, das eine prägende Größe des gesellschaftlichen Leben war. Die frühen Christen orientierten sich in ihrem privaten Leben daran. Neu war der Glaube an den auferstandenen Christus.

Im Verhältnis zur Bildung waren einige Grundlinien für das Verhältnis von Glaube und Bildung zu erkennen, die wesentlich Bedeutung haben. Nach RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? (2002, 26-28) sind sechs Aspekte von Interesse.

Menschen werden mit verschiedener sozialen Herkunft zusammengeführt und Lernchancen ergeben sich daraus. Der Alltag ist mit dem Christusglauben zu verbinden. Damit ergibt sich eine Theorie eines umfassenden Bildungsprozesses als Verbindungsprozess. Frühchristliche Bildung geht um die Jesustradition mit der eigenen Situation exemplarisch zu verbinden. Antike Gesellschaften waren fester gefügt als moderne. Das Haus galt als zentrale soziale Einheit (vgl. Mk. 10). Bildung ohne religiöse Bildung erhebt keinen Anspruch auf Allgemeinheit.

Die Theorie der Bildungsferne lässt sich nicht bestätigen, vielmehr erweist sich das frühe Christentum als Lebens- und Lerngemeinschaft mit erfahrungsorientierten Bildungsprozessen. Die Vitalität der Bildungsprozesse hat die Ordnung von Inhalten immer wieder in Frage gestellt und damit neue Lernprozesse in Gang gesetzt. Dies zeigt sich zuletzt in der Reformation, den reformatorischen Kirchen und ökumenischen Bemühungen.

14 Zwei Jahrtausende Christenheit - Überblick    

Im Folgenden wird skizzenhaft auf die Entwicklung des Christentums bis hin zur Weltreligion im Kontext zur Politischen Bildung eingegangen. Basis ist das "Handbuch. Die Geschichte des Christentums" (vgl. DOWLEY - BRIGGS-LINDER-WRIGHT? 1979).

Auch wenn das Christentum im Anfang nur wenige Anhänger in der abgelegenen römischen Provinz Judäa hatte, ist es in letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zum Glauben ungefähr eines Drittels der Weltbevölkerung geworden. Es ist in mehr Völkern verwurzelt als irgendeine andere Religion. Die Vitalität ist bemerkenswert, weil Konkurrenz und Widerstand vorhanden war.

Bemerkenswert ist die Fähigkeit zu Erneuerung und Reform, wobei jede kirchengeschichtliche Epoche ihre Möglichkeiten und Herausforderungen hat.

Merkmale sind Lehre und Praxis der Apostel und wurden Maßstab für alle spätere Lehre und Praxis.

  • Einfachheit, Gemeinschaft, Evangelisation und Nächstenliebe waren die Merkmale der ersten Christenheit.
  • Man trennt(e) nicht nach Rasse, Nationalität, sozialem Status, Freiheit oder Geschlecht.
  • Christliche Gemeinschaft gibt vielen Menschen ein Gefühl der Identität und einer Zugehörigkeit zu einer Gruppe.
14.1 Ausbreitung    

Die Ausbreitung nach dem ersten Jahrhundert öffnete sich für viele Menschen aus allen sozialen Schichten. Damit ergaben sich in der Folge die Möglichkeiten einer Abweichung vom Glauben (vgl. Gnostizismus, Marcionismus und Montanismus). Bedeutung erhielten die "Kirchenväter". Eine Stärkung erfuhr die Christenheit durch die Abfassung und den Gebrauch des "Apostolischen Glaubensbekenntnisses".

Reichsweite Verfolgung setzte im 3. und 4. Jahrhundert ein. Kaiser Konstantin hatte 313 das Christentum in den Status einer anerkannte Religion des Reiches erhoben. 395 wurde es zur einzig offiziellen Staatsreligion. Bereits früher hatte Armenien als erstes Land das Christentum als offizielle Religion übernommen.

Das 4. Jahrhundert bildete einen großen Wendepunkt in der Kirchengeschichte mit theologischer Arbeit (Ambrosius, Augustin, Gregor I.) und einem Wachstum der institutionellen Kirche. Die Katholische Kirche des Westens und Orthodoxe Kirche im Osten wurzeln in diesem Jahrhundert. In der Folge schien die Zivilisation des Westens auf dem Rückzug zu sein. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches wurde die Kirche die einzige dominierende Institution in der Folge im Mittelalter. Die nationalen Orthodoxen Kirchen des Ostens rückten langsam unter der Führung des Patriarchen von Konstantinopel zusammen.

In Nordafrika erlag 707 die große Kirche Nordafrikas dem Ansturm dem Islam. Dieser entstand im Nahen Osten mit der Flucht Mohammeds aus Mekka nach Medina 622. Schnell verbreitet sich die Lehre bis Nordafrika. 732 hatte sich der Islam schon bis zum südfranzösischen Tours ausgebreitet, der Franke Karl Martell bot Einhalt.

Einige Gebiete in West-und Mitteleuropa wurden von Mönchen wie Columba und Columbanus missioniert, bedeutend war Bonifatius. Nach einer Phase der Stagnation kämpfte die christliche Gemeinschaft mit weltlichen Herrschern wie Karl d.Gr. um die Herrschaft über die institutionelle Kirche.

14.2 Reformbewegungen - Verbreitung    

Vom 10. Jahrhundert an lief eine Welle geistlicher Erneuerung. Cluny war der Ausgangspunkt einer Reformbewegung. Im folgenden Jahrhundert konnte mit Papst Gregor VII. eine Kirchenreform erreicht werden.

Andere Mönchorden ersetzten Cluny nach dem Erlahmen des Reformeifers im 11. Jahrhundert, etwa Franziskaner und Dominikaner. Orthodoxe Missionare erreichten im 10. Jahrhundert das russische Kiew. Dies ist der Beginn der Russisch-Orthodoxen? Kirche mit dem Anspruch der Nachfolge Roms und Konstantinopels. Die Zaren des 15. und 16. Jahrhunderts sahen Moskau als das "dritte Rom".

Innere Herausforderung stellten antihierarchische Bewegungen wie die Albigenser und Waldenser mit Unterdrückung durch die mittelalterliche Kirche und Flucht in abgelegene Alpentäler.

Christliches Denken kam im 12.und 13. Jahrhundert durch Peter Abaelard und Thomas von Aquin mit präzisen Formulierungen des Glaubens im Mittelalter.

Dem Höhepunkt unter Papst Innozenz III. folgte eine Periode des Niedergangs. Die Renaissance verzehrte Talent, Energie und Finanzen des Papsttums. Es begann in der Folge mit einer Sehnsucht zu geistlicher Stärkung und einem reformierten Katholizismus.

Mit Martin Luther und Johannes Calvin kam es zur protestantischen Reformation auf Kosten der kulturellen und religiösen Einheit Westeuropas und bis heute religiösen Vielfalt. Eine neue Periode des Wachstums legte den Grund zur Entwicklung der Religionsfreiheit und des Toleranzgedankens.

Das Werk Luthers gründete Lutherische Kirchen und ebenso Calvins Werk begründete Reformierte und Presbyterianische Kirchen in Westeuropa, Auswanderungsbewegungen nach Amerika und dem British Empire mit den Kolonien verbreiterten den Protestantismus weltweit.

Die Kirche in England wurde durch die Reformen geistlich erneuert. Mit der Trennung von Rom durch Heinrich VIII. 1532 entwickelte sich eine "Nationalkirche" ohne Papst mit einem mittleren Weg ("via media") zwischen Traditionen mittelalterlicher Kirche und neutestamentlichen Lehren. Die anglikanische Dimension einer regionalen Kirchenreform war bedeutsam, sie verlieh zudem dem englischen Nationalismus Auftrieb.

Der Puritanismus war bedeutend für seine Verbreitung im British Empire, Commonwealth und in der Auswanderung nach Nordamerika.

In der Folge verhärteten sich auf beiden Seiten die Fronten. Der Protestantismus wurde stärker institutionalisiert, die römische Inquisition und das Konzil von Trient mit seinen Beschlüssen folgten. Mit der Gründung der "Gesellschaft Jesu" 1540 von Ignatius von Loyola erneute sich die Römisch Katholische Kirche. Mit der erfolgreichen Arbeit der Mission der Jesuiten in S-Amerika? und SO-S-Asien? kam es zu weltweiter Verbreitung.

Protestantische Verbreitung außerhalb Europas in dieser Zeit gab es in den britischen Kolonien an der nordamerikanischen Atlantikküste durch die europäischen Auswanderungswellen.

14.3 Soziokulturelle-religiöse Bewegungen    

Neue Bewegungen begründeten sich in der Vorbildwirkung eines apostolischen Christentums mit der Zuwendung zur Bibel und persönlichen Glaubenserneuerung im Protestantismus. Christen und Nichtchristen wurden zur Bekehrung gerufen.

Im 18. Jahrhundert entstand als Antwort auf die Aufklärung eine Erweckungsbewegung mit Beginn in Deutschland und einer Verbreitung nach Skandinavien und der Schweiz. Als "Pietismus" waren in der Bewegung Männer wie Philipp Jakob Spener, August Hermann Francke und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf bedeutend. Pietisten überwanden ein Klassendenken, Bekenntnisunterschiede und betonten die Einfachheit des NT und die persönliche Erfahrung mit Christus.

Die gleichen Merkmale finden sich im 18. Jahrhundert in England und Nordamerika. Bedeutend war John Wesley mit seiner Bewegung und Entwicklung der Methodistischen Kirche, in der Folge stellen sich Gründungen verschiedener Kirchengemeinschaften wie Baptisten und Kongregationalisten im angloamerikanischen Raum ein. Eingeführt wurde ein volkstümlicher Stil evangelischer Predigt und die Betonung auf fröhliches Singen geistlicher Lieder. Soziale Veränderungen wie die Abschaffung der Sklaverei und eine Gefängnisreform wurden angeregt.

In Nordamerika ist die Erweckung verbunden mit den Namen Jonathan Edwards und George Whitefield (Mitarbeiter von John Wesley) bis zu Billy Graham. Die "Evangelisten" gewannen in der Folge an Bedeutung bis heute in der Grundstruktur christlichen Lebens. 1776 erhielt die Unabhängigkeitsbewegung kräftige Unterstützung durch die wichtigsten Kirchengemeinschaften. Nur die Anglikaner hielten sich zurück. Übertragen auf den Aufbau "Vereinigter Staaten von Amerika /USA" wird ein Staat mit christlichen Werten und republikanischen Prinzipien abgestrebt. Die neue Verfassung der USA, überwiegend ein Werk von Thomas Jefferson, kennt die Trennung von Staat und Kirche(n).

Die Französische Revolution von 1789 rief eine heftige Reaktion gegen die organisierte Religion und etablierte Kirche hervor. Die Ideen der Aufklärung und die Unterstützung der Monarchie durch die Kirche benutzten die Revolutionäre, die Kirche zu verbannen. In der Folge kommt es zu einem Kampf zwischen Kirche und Staat um Fragen der Erziehung.

14.4 Bedeutende Entwicklungen    

Die großen Veränderungen im 19. Jahrhundert bewirkten bedeutende Entwicklungen im Christentum, etwa Missionsbewegungen, so etwa konnte William Carey die "Baptist Missionary Society" begründen. Viele Missionsgesellschaften entstanden weltweit im Protestantismus. Europäische Pietisten gründeten in Basel 1815 eine Missionsschule.

Die europäischen Revolutionen von 1830 und 1848 hatten ohne Unterstützung der etablierten Kirchen auszukommen. Mit Papst Pius IX. entstand Widerstand gegen Modernismus, Republikanismus, Liberalismus, Sozialismus und Nationalismus. Sein Papsttum ist durch das "Verzeichnis der Irrtümer" 1864 und die Einberufung des I. Vatikanischen Konzils 1869-1870 mit dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit in Glaubenssachen und Lehre gekennzeichnet.

In England und Nordamerika arbeiteten Christen in einer Claphamgruppe für soziale Reformen für die Abschaffung der Sklaverei, im britischen Empire und mit parlamentarischen Initiativen wurde von Lord Shaftesbury eine Bergwerksreform und eine Fabriksgesetzgebung im Sinne von pietistischen Frömmigkeit geschaffen.

Mit Papst Leo XIII. beschäftigte sich das Papsttum mit der modernen Welt der Arbeitswelt und Folgerungen wie dem Marxismus.

Bedeutende Minderheiten von Christen erduldeten oftmals Unterdrückung, Verfolgung und angebliche Misshandlungen und führten bis zu europäischen Eingriffen in nichteuropäischen Ländern wie beim "Boxeraufstand" in China.

Wissenschaft und Religion setzten sich auseinander, etwa der Theorie von Charles Darwin über die Evolution und in Form des Darwinismus und evangelikalem Christentum des Schöpfungsglauben.

Der Erste Weltkrieg erschütterte die Christenheit mit dem zügellosen Nationalismus, ausbeutendem Imperialismus und massiven Militarismus.

14.5 20. Jahrhundert    

Der theologische Liberalismus stellte sich mit dem aktuellen Wissen, Denken und historischen Studium der Bibel. Man bediente sich wissenschaftlichen Methoden. Kritische Studien entstanden, in der Folge führt es zur "Fundamentalisten-Modernisten-Kontroverse?" in Amerika. Die Debatte ging hier hauptsächlich um die Evolution und das "soziale Evangelium" (Social Gospel) mit seinem sozialen Engagement.

In der Folge übernahm der liberale Protestantismus die Führung mit dem Bemühen um die Einheit der Kirchen. Evangelikale reagierten misstrauisch auf ökumenische Bemühungen, als 1948 der "Weltrat der Kirchen" gegründet wurde.

In den ehemaligen Kolonien wuchsen einheimische Kirchen, die Katholische Kirche reagierte mit afrikanischen und asiatischen Kardinalernennungen.

Die Zeit war nicht frei von Christenverfolgung, in der Sowjetunion durch den Staat russische Orthodoxe und Baptisten und im Sudan Christen von Moslems.

Theologische Neuanfänge im Protestantismus sind verbunden mit Karl Barth und Reinhold Niebuhr.

Mit den Veränderungen in den sechziger Jahren als Periode der Veränderungen kam die Jesusbewegung und verstärkte die charismatische Bewegung. Das neue evangelikale Engagement fand eine Verstärkung mit der Wahl Jimmy Carters zum US-Präsidenten? ("Südliche Baptisten").

Bedeutende Bewegungen traten in der Römisch-Katholischen? Kirche mit Papst Johannes XXIII auf. Das II. Vatikanische Konzil (1962-1965) brachte weitgehende Reformen in der Liturgie mit der Landessprache und Beziehungen zu anderen Christen.

Baptisten und besonders die Pfingstbewegung hatten ein bemerkenswertes weltweites Anwachsen.

14.6 Aktuelle Herausforderungen    

Tiefgreifend sind Reformen im politischen, sozialen und ökonomischen Bereich in Teilen der Welt, beispielhaft durch den Antikolonialismus, "Schwellenländer", Supranationale Zusammenschlüsse, Globalisierung und Digitalisierung. Das christliche Gewissen und die Ethik sind hier gefordert.

Institutionalisierte Kirchen sind zunehmend reformbedürftig in Kirchenmanagement, Religionspädagogik und Kommunikationsstrukturen (vgl. IT-Autorenbeiträge? Kirchenentwicklung und Religionspädagogik).

Das Verhältnis zu Christen war und ist in der Beziehung zu Staaten zu ordnen, beispielhaft wie in Polen, der (ehemaligen) DDR, der (ehemaligen) Sowjetunion und international in China und islamischen Staaten.

Ökumene und der interreligiöse Dialog sind aktuell eine Herausforderung angesichts der Pluralität der Gesellschaft.

Letztlich stellt die Christenheit nur eine Minderheit unter der Weltbevölkerung dar. Die Welt ist durch Jesus Christus wie durch keinen anderen Menschen beeinflusst worden.

15 Erziehungs- und Bildungsdenken    

Die Entwicklung der Moderne erfordert eine Auseinandersetzung mit den Begriffen Erziehung und Bildung. Im Selbstverständnis des Autors folgt dies in evangelischer Perspektive. Besonders lutherisches Bestreben schärfte die Einordnung in Gottes weltliche Ordnung, man denke an die Ehe und den Staat.

Für die göttliche und weltliche Ordnung wurde der Begriff "Erziehung" vorgezogen (vgl. den alten Begriff "Zucht"). Im "Kulturprotestantismus" folgte mit dem Begriff "Bildung" auch die Auseinandersetzung mit "Kultur".

15.1 Bildungsbegriff    

Der vielschichtige Begriff Bildung in der deutschen pädagogischen Leitkategorie bei Herder, Goethe, Wilhelm von Humboldt und Hegel macht die Begrifflichkeit im Gegensatz zum angelsächsischen "education" nicht einfacher. Goethes Bildungsroman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" machte Epoche, Humboldts Ideen mit der Neukonzeption der Berliner Universität, des Königsberger und Litauischen Schulplan für das Gymnasium 1809 mit wenigen Fächern und des Hegelschülers Johannes Schulze 25 Jahre später mit 14 Fächern hatte praktische Auswirkungen bis heute.

Bildung wird allgemein als Allgemeinwissen mit Breitenwirkung (Allgemeinwissen) und einer Vollständigkeit mit Bestand gesehen. In der Folge wird Bildung als andauernder Prozess verstanden wird und entwickelt sich in "Allgemeinbildung" und "Berufsbildung" im Sekundar-, tertiären und quartären Bildungsbereich (vgl. aktuell "lebensbegleitendes Lernen" und damit Bildung).

Religionsgemeinschaften denken an sich in ihrem abgeschlossenen Raum kaum pädagogisch.

Das evangelische Christentum bedient sich im historischen Wandel pädagogischer Denkfiguren, die dem eigenen Selbstverständnis dienen. Politische und gesellschaftliche Kräfte haben Rückenwind evangelischer Theologie verliehen (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 51). Einer Affinität des Protestantismus zu Bildung und früher zur Erziehung hat schrittweise und in der Folge in einem "Evangelischen Schulwesen" liberale, emanzipatorische und (selbst-)kritische Dimensionen angenommen (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 65-74 zum Pluralismus in kirchlichen Schulen; NIPKOW - SCHWEIZER 1994).

15.2 Erziehungsbegriff    

Sieht man sich den Erziehungsbegriff an, ist diese ebenfalls einem historische-gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Um 1930 wurde er ordnungstheologisch und ordnungspädagogisch ausgelegt. 40 Jahre später stand die "antiautoritäre Erziehung" zur Diskussion. In der Folge gab es einen "Mut zur Erziehung", der die aktuelle "Werteerziehung" entgegengesetzt wird. Die deutschsprachige Diskussion ist nach wie vor komplex, "education" im angelsächsischen Verständnis beinhaltet Lehre und Erziehung.

Die aktuelle Terminologie beinhaltet die Verbindung Bildung und Erziehung bzw. Kompetenz, beispielhaft erkennt man dies in der Politischen Bildung/Erziehung, Interkulturellen Kompetenz/Interkulturellen Bildung, Umwelterziehung/ökologischen Bildung und kulturell-religiösen Kompetenz/Bildung (vgl. RUPP- SCJHEILKE-SCHMIDT? 2002, 63).

15.3 Evangelisches Bildungsdenken    

Evangelisches Bildungsdenken geht von menschlichen Begabungen und "Kräften" als Gottes Gaben aus, die zu fördern sind, die wertvollen gegen die destruktiven.

Im Wechselverhältnis von Gesellschaft ("Kultur") und persönlichen Dispositionen ("Natur") setzt die wissenschaftliche Erziehung und Bildung an (vgl. die IT-Autorenbeiträge?). Hier setzt Evangelisches Schulwesen an (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 65-74; POLLITT-LEUTHOLD-PREIS? 2007).

16 Kulturell-religiöse Bildung und Demokratie    

"Wenn man unter Demokratie mehr als ein Regelwerk des politischen Systems verstehen will, dann ist es in historischer Perspektive evident, dass sich die moderne Demokratie in vieler Hinsicht der Christentumsgeschichte verdankt" (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 169).

Menschenwürde, Gleichheit vor dem Gesetz, Religion und Politik als Quelle aller Gewaltenteilung, alles ist christlich-religiös begründet. Dennoch ist zu bedenken, dass die christliche Religion bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein die neuzeitliche Entwicklung der Demokratie nicht gerade gefördert hat.

Man könnte vor diesem Hintergrund religiöse Bildung in die Nähe der politisch-demokratischen Bildung rücken. Der Vorwurf, der "problemorienierte Religionsunterricht" sei von Sozialkunde nicht mehr zu unterscheiden, war in der Praxis als Differenz oft nicht mehr erkennbar.

16.1 Religion und Politik    

Mit der Wiederentdeckung religiöser Bildungsgestalten wurde ein Beitrag zur Unterscheidung zwischen Religion und Politik geleistet.

In der Unterscheidung von Religion und Politik liegt ein Perspektivenwechsel in der Bewertung der Zwei-Regimenter-Lehre? Luthers nahe.

Politisches Handeln sieht sich vor die Alternative gestellt, entweder als Versöhnungsimpuls ("Konsens") oder als interessensgeleitetes Agieren (machtpolitisch bezogen) ausgelegt wird.

Auffällig ist bei der Zwei-Regimenter-Lehre? die Auslegung, wenn Handeln im Beruf/ Alltag und einer Regierung religiöse Autorität abgeleitet wird.

  • Gewissen und Glauben entfalten eine Dialektik der Freiheit des Christenmenschen mit seiner Befähigung zu Gehorsam (Selbstbindung an das Gewissen).
  • Darin liegt nach Luther die Grenze gegenüber dem Anspruch einer weltlichen Macht, wenn in autoritären Systemen mit Widerstandelementen dem "Volk" die Ausführungsgewalt, im Sinne christlicher Herrschaft, zugerechnet wird (vgl. die Befreiungstheologie, Willensbildungen in der "Wende").
  • Eigentlich geht es um die Problematik einer politisierenden Theologie und Theologisierung des Politischen.
  • In einer solchen Form von Konflikten werden Probleme strittig, denen sich niemand durch die allgemeinen Freiheitsrechte entziehen kann. Man denke an ökologische und ökonomische Problembereiche, wissenschaftliche und technische Möglichkeiten mit Auswirkungen auf die Zukunft und das Leben überhaupt. Man denke an die Bedeutung der Nachhaltigkeit.
16.2 Religiöse und politische Bildung    

Zu bedenken sind in der Folge auf dem Hintergrund der angesprochenen Unterscheidungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von religiöser und politischer Bildung bzw. Erziehung (vgl. RUPPE-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 178-181).

In religiösen Bildungsprozessen geht es vorrangig um kulturelle Erinnerungsfähigkeit in Überzeugungen, Lebensdeutungen und Lebensführungsmuster. Elemente sind etwa die Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität.

Nicht ohne biblisch überlieferte Geschichten geht es um geistige Prinzipien, Erfahrungen der Menschen in der Deutung mt der Begegnung im Handeln Gottes. Die Weitergabe wird zu einer Welt- und Lebensdeutung ausgeweitet. Jenseits aller intentionaler Bildungsanstrengungen stehen die indirekten Erziehungseinwirkungen in den sozialen und (inter-)kulturellen handlungsräumen. Nicht nur institutionelle Lehre, auch eigener Lebensort als Lernorte sind zu gestalten (vgl. formale bzw. non-formale Bildung, formales bzw. informelles Lernen). Reflexion eigener religiöser Praxis und Entscheidungen in Verbindung mit Toleranz gegenüber den Anderen gehören in die religiösen Bildungsprozesse.

In der politischen Bildung bedarf es analog einer Handlungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit, des Bezugs zu einem Grundrechtskatalog und didaktisch eines Überwältigungs- und Indoktrinationsverbots.

Der konfessionelle Religionsunterricht besitzt demnach große Ähnlichkeiten. Allerdings kennt schulische "Politische Bildung" kein Recht auf Nichtteilnahme.

Hier ist ebenso die zentrale Frage der öffentlichen Erörterung und Meinungsbildung im besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

17 Perspektiven zukunftsfähiger religiöser Bildung    

Zur Orientierung für religiöse Bildung sollen in der Folge Perspektiven benannt werden (vgl. KROPAC 2009, 367-372) .

In einer pluralen Gesellschaft steht das religiöse Feld in Ambivalenzen, wobei ein Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und persönlicher Lebensfragen wiederentdeckt wird. Aufgabe ist nicht eine Lösung, vielmehr eine kritisch-konstruktive Bearbeitung.

Religiöse Bildung befähigt Lernende zu eigenständigen Verhaltensweisen einer Weltbegegnung im Kontext anzubietender Politscher Bildung und Interkultureller Kompetenz.

Für eine Zukunftsfähigkeit ist die Unterscheidung von Religion, Religiosität und Religionskultur grundlegend. Individuelle Religiosität (Mikroprozesse/ Innenperspektive) ist neben Religion eine eigenständige Größe, Religionskultur (Makroprozesse/ Außenperspektive) beeinflusst die Voraussetzungen und die Inhalte.

Religiöse Bildung geht nicht in religiöser Kompetenz auf, hat sich im Status der Fächer im Bildungsdiskurs zu stellen. Es geht demnach um reflexive Kompetenz, moralische und religiöse Haltungen, eine Teilnehmerperspektive bzw. soziale Kompetenz und Lernkompetenz im Methodenrepertoire und einer Fachdidaktik.

Eine Forderung besteht grundlegend als "learning from/ through religion".

Literaturverzeichnis Christenheit    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/ oder direkt zitiert werden.

Dowley T./ Briggs J.- Linder R.- Wright D. (1979): Handbuch. Die Geschichte des Christentums, Wuppertal

Fried J. (2021): Jesus oder Paulus. Der Ursprung des Christentums im Konflikt, München

Kropac U. (2009): Religion-Religiosität-Religionskultur?. Ein Grundriss religiöser Bildung in der Schule, Stuttgart

Meeks W. A . (1993): Urchristentum und Stadtkultur. Die soziale Welt der paulinischen Gemeinden, Gütersloh

Nipkow K-E?.- Schweizer Fr. (Hrsg.) (1994): Religionspädagogik. Texte zur evangelischen Erziehungs- und Bildungsverantwortung seit der Reformation, Bd. 2/2: 20. Jahrhundert, Gütersloh

Pollitt H.E.-Leuthold M.-Preis A. (Hrsg.) (2007): Wege und Ziele evangelischer Schulen in Österreich. Eine empirische Untersuchung, Münster-New? York-München-Berlin?

Rupp H. - Scheilke Chr. Th. - Schmidt H. (2002): Zukunftsfähige Bildung und Protestantismus, Stuttgart

Theißen G. (1979): Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19), Tübingen

II Ökumene    

18 Vorbemerkung    

"Bedenkt die gegenwärtige Zeit" (Röm 13.11) als Aufruf in der Schriftlesung weist eine Ökumenische Theologie auf einen Zeitbezug hin. Geschichtliche und kirchenpolitische Ereignisse ordnen einen zeitlichen Rahmen.

Es bedarf einer begrifflichen Orientierung des Verständnisses von Ökumene. Entstehung, Entwicklung, Themen und Ziele sind von Interesse.

Die Studie entstand aus der Thematik

  • im persönlichen Religionsunterricht (SI Emil Sturm, Salzburg-Tirol?) und
  • der Absolvierung des 1. Lehrganges Ökumene der Kardinal König-Akademie? Wien (2006).
  • Kulturell-religiöse Bildung wurde von Interesse in der Absolvierung des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt (2008) und des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg (2012).
  • Die Auseinandersetzung mit einer einführenden Fachliteratur für Nichttheologen vermittelt zusätzlich eine Basis für ökumenisches Denken im Bereich kulturell-religiöser Kompetenz (vgl. UHL 2003, KÖRTNER 2005, LIES 2005, FRIELING 2006, NÜSSEL-SATTLER? 2008, POLLAK-ROSTA? 2016).
Theologische Zusatzausbildung und Politische Bildung in Verbindung mit Interkultureller Kompetenz bereichern ein ökumenisches Nachdenken.

19 Einleitung    

Die Ökumene kann als ein Weg beschrieben werden. Der Weg ist das Ziel. Wenn Menschen gleicher Überzeugung sich vereinen, kommt es zu einer reflektierten Weggemeinschaft (vgl. in der Folge NÜSSEL-SATTLER? 2008, 7-9).

  • Zum Tragen kommen hier nicht-theologische Faktoren, oft Zufälle und in beruflichen Zusammenhängen.
  • Das Miteinander und die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft ergeben Gemeinsamkeit.
  • Ohne eigene konfessionelle Wurzeln und Reflexion ist ökumenisches Denken und Handeln mit einer Akzeptanz des anderskonfessionellen Standorts nicht möglich.
Ökumenisches Handeln fordert

  • die Bereitschaft des Bekenntnisses eigenen Glaubens, einer Empathie für den anderskonfessionellen Standort und der Akzeptanz für Differenzen (vgl. Kirchenverständnis, religiöse Sozialisation und religiöses Wissen).
  • Wer in diesem Sinne handelt, erkennt systembezogene bzw. kirchliche Vorgaben.
  • Weil es immer wieder Menschen gibt, die jenseits konfessioneller Grenzen sich glaubwürdig begegnen, man denke an konfessionsverbindende Ehepaare ("Mischehen"), im Berufsleben Mitarbeiter und ganz banal an die Begegnungen im Alltag oder ein sich erweiternder Bekannten- oder Freundeskreis, geben Impulse einer "Ökumenischer Bewegung".
Die Bemühungen einer Konferenzökumene, mitunter abfällig beurteilt, leben von Begegnungen.

  • 1964 das Treffen Paul VI. mit Athenagoras in Jerusalem,
  • 1967 Paul VI. in Konstantinopel Treffen mit Athenagoras und Gegenbesuch im gleichen Jahr in Rom,
  • 1981 sprach Johannes Paul II. bei gemeinsamer ökumenischer Feier den Text des dort formulierten Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel? ohne das "Filioque",
  • 1999 Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" in Augsburg und
  • 2003 1. Ökumenischer Kirchentag in Berlin mit Unterzeichnung der "Charta Oecumenica" (wechselseitige Anerkennung der Taufe).
In jüngerer Zeit gibt es eine Wiederentdeckung ökumenischer Leitfiguren mit geistlicher Tradition des Christentums (vgl. beispielhaft Elisabeth von Thüringen, Nikolaus von Smyrna, Franz von Assisi und Dietrich Bonhoeffer).

Geistliche Gemeinschaften erfahren insbesondere unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und heute Aufmerksamkeit (vgl. Kommunität von Taize, Öffnungen von Klostergemeinschaften).

20 Neutestamentliche biblische Texte    

Bezugspunkte neutestamentlicher biblischer Texte sind

  • Joh 17, 20-21 Suche nach der Einheit der Menschen in der Nachfolge Jesu war von frühester Zeit bedeutsam für die Gemeinden
  • Eph 4,4-6 Gründung der Ökumene in der Einheit des trinitarischen Wesens Gottes, Taufe erlangt an Bedeutung und Bewahrung der Gemeinden in der Einheit des Glaubens
  • Joh 17, 21 Ökumene im Sinne des sterbenden Jesus in der Abschiedsrede
Der Teil aus dem Epheserbrief hat bereits in der Reformationszeit zentrale Bedeutung erlangt, als auf dem Augsburger Reichstag 1530 vor Karl V. man für die Anerkennung der Reformation eintrat.

Philipp Melanchthon entwarf als gemeinsames Bekenntnis der evangelischen Stände die "Confession Augustana"/ CA (vgl. Artikel VII der CA). Melanchthon belegt mit dem Verweis auf Eph 4,4-6 die Notwendigkeit in der Übereinstimmung im Evangelium und in der Sakramentsverwaltung (vgl. ein Glaube und eine Taufe; Eph 2, 11-22 Einheit der Kirche als Einheit des Leibes und des Geistes in der Einheit Gottes).

Gerechtigkeit und Güte Gottes gilt im Neuen Testament unterschiedslos allen Menschen. Das bedeutet nicht, dass in der Kirche alle Glieder unterschiedslos eins sind.

Paulus macht in 1 Kor 12, 8-11 deutlich, die Kirche lebt vielmehr von den Unterschieden der Gaben, die der Geist den einzelnen zum Nutzen schenkt. Gesprochen wird von der Weisheitsrede, Erkenntnisrede, (Wunder) Glauben, Heilungsgaben, Machttaten bzw. Wunderwirkungen, Prophetie und Deutung der Zungenreden. Für Paulus ist wichtig, dass die Gemeindeglieder diese Vielfalt in ihrer Unterschiedlichkeit und Zugehörigkeit anerkennen. Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit, wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit (1 Kor 12, 24-25).

In der neueren ökumenischen Diskussion ist dieser Text Ausgangspunkt, die Unterschiede und Vielfalt der Gnadengaben als eine Bereicherung zu sehen.

Im Nachdenken über 1 Kor 12 wird deutlich. dass Einheit nicht mit Uniformität verwechselt werden darf. Die Studie "The Nature and Mission of the Church" der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (2005) hält fest, dass Einheit nur durch eine angemessene Koordination der Gaben Gottes möglich ist (vgl. NÜSSEL-SATTLER? 2008, 16). Eine Anerkennung der Vielfalt von Aufgaben, Diensten in der Kirche und der Gestaltung der Lebenspraxis, lässt sich auch mit einem gemeinsamen Umgang der Vielfalt konfessioneller Traditionen gewinnen (vgl. Bereicherung durch Traditionen, Unterschiede stehen auch entgegen).

21 Konfessionelle Geschichte der Ökumene    

Konfessionell geprägte Kirchen haben ihre eigene Geschichte der Ökumene. Diese Erkenntnis wird unter 10.1 verdeutlicht. Ende des 19. Jahrhunderts beginnt eine neue Epoche, die im 20. Jahrhundert organisierte Gestalt annimmt, siehe 10.2.

Konfessionelle Eigenheiten formen sich, siehe 10.3. Aktuell richtet sich der Blick auf weltweite Verhältnisse in der christlichen Ökumene, aktuelle Herausforderungen ergeben sich, siehe 10.4.

21.1 Geschichte der Ökumene    

21.1.1 Begrifflichkeit    

Der Begriff Ökumene wird in den gängigen Kontexten das Streben nach Überwindung der Trennung zwischen den christlichen Kirchen und Konfessionen verstanden. In der Christentumsgeschichte kam es zu Bedeutungsverschiebungen.

Zur Entstehungszeit des Christentums gehört das griechische Wort "oikumene" ( oikeo - wohnen bzw. oikia - Haus) zum gängigen Sprachgebrauch und bezeichnet die bewohnte Erde oder ganze Welt (vgl. Mt 24,14).

Die Ausbreitung des Römischen Reiches führt dazu, dass der Begriff mit dem römischen Imperium gleichgesetzt wird ( vgl. Lk 2.1).

Neben einer negativen Bedeutung (Lk 4,5 und Apk 12,9) kennt der Hebräer Brief eine positive Deutung mit der Vorstellung einer zukünftigen Welt mit christlicher Hoffnung (Hebr. 2,5).

21.1.2 Ausbreitung des Christentums    

  • In der Folge entwickelt sich die Erfahrung der Ausbreitung des Christentums.
  • In der Differenzierung zwischen Kirche und Ökumene kommt es zum Sprachgebrauch im 3. und 4. Jahrhundert zur Bedeutung der Verbreitung der Kirche über den ganzen Erdkreis.
  • Die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion unter Konstatin ("konstantinische Wende") bezeichnet der Begriff das christliche Imperium. Die Einheit der Kirche wird zum zentralen Anliegen im Römischen Reiches.
  • Zur Beilegung von Lehrstreitigkeiten werden ökumenische Konzilien einberufen.
  • In diesem Sinne einer Verbindlichkeit von Theologen als Lehrer der Ökumene wird im 6. Jahrhundert dem Patriarchen von Konstantinopel der Titel "ökumenischer Patriarch" zuerkennt. Nach dem Tod von Gregor dem Großen werden die Päpste als ökumenische Bischöfe bezeichnet (vgl. NÜSSEL-SATTLER? 2008, 18).
  • Die ersten ökumenischen Konzilien in Nizäa 325 und in Konstantinopel 381 treffen trinitätstheologische Aussagen und im Glaubensbekenntnis. Es gilt bis heute den meisten Kirchen als das ökumenische Bekenntnis.
  • In der Folge kommt es jedoch zu neuen Auseinandersetzungen zwischen alexandrinischer und antiochenischer Tradition über die Frage, wie angesichts der vollen Gottheit des Sohnes das wahre Menschsein Jesu auszusagen sei.
  • Das dritte ökumenische Konzil in Ephesus 431 lehrt auf der Linie alexandrinischer Christologie, dass Maria als Gottesgebärerin (theotokos) zu gelten habe. Das vierte ökumenische Konzil von Chalcedon 451 schlichtet weitere Streitigkeiten. Es betont die wahre Menschheit Jesu Christi, damit die Einheit der Person Jesu Christi.
21.1.3 Kirchenspaltung im Osten    

Die ersten beiden Konzilien wurden von der gesamten Christenheit anerkannt, dagegen stoßen die dogmatischen Entscheidungen von Ephesus und besonders von Chalcedon auf Widerstand in einer Reihe von Kirchen im Osten des Byzantinischen Reiche bzw. auch außerhalb.

  • Es kommt zur ersten großen Kirchenspaltung in der Geschichte des Christentums.
  • In der Folge bilden sich die "orientalisch-orthodoxen Kirchen" ostsyrischer und westsyrischer Liturgietradition.
    • Zu den Kirchen der ostsyrischen Tradition gehören die Heilige Apostolische und Katholische Assyrisch Kirche des Ostens und einige indische Kirchen.
    • Zur Familie mit westsyrischer Liturgie gehören die Syrisch-Orthodoxe? Kirche von Antiochien ("Jakobiten"), die Malankarische Orthodoxe Syrische Kirche, die Koptische Orthodoxe Kirche, die Äthiopische Orthodoxe Tewahedo Kirche und die Armenische Apostolische Kirche.
  • Auch innerhalb der Reichskirche kommt es zu Auseinandersetzungen über das Verständnis der beiden Naturen Christ, die auf dem fünften und sechsten Konzil in Konstantinopel 553 und 680 ausgetragen wurden. Beim weiteren Konzil in Nizäa 787 wendet man sich der Frage der Bilderverehrung zu und erlaubt diese.
Im Laufe der Jahrhunderte wird die Diskrepanz zwischen Rom und Konstantinopel durch die die kulturellen Unterschiede mit dem Ausbau des römischen Primatanspruchs und durch einzelne Schismen vertieft wie Acacianisches Schisma 484-519 und Photianisches Schisma 867-879 (vgl. NÜSSEL-SATTLER? 2008, 19).

Theologisch bietet sich allem die im Westen vollzogene Einfügung des "filioque" in den Text des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel? massiven theologischen Konfliktstoff.

Die aufgestauten Spannungen bilden die Grundlage für die wechselseitige Exkommunikation 1054 im Schisma zwischen Ost- und Westkirche und die Ereignisse im vierten Kreuzzug.

Vor allem von Rom aus wurden Unionsbemühungen besonders auf dem Konzil von Lyon 1274 und Konzil von Florenz 1439 unternommen.

Mit der Kirchenspaltung zwischen Ost und West und dem Zusammenbruch des Byzantinischen Reiches verliert der Begriff "Ökumene" seine reichskirchliche Dimension.

Die Orthodoxen Kirchen anerkennen nur die ersten sieben Konzilien als ökumenisch, die Römisch-Katholische? Kirche bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil 21 ökumenische Konzilien.

21.1.4 Kirchenspaltung im Westen    

Die größte ökumenische Herausforderung entsteht in der lateinischer Christenheit mit der reformatorischen Kritik Martin Luthers am Buß- und Ablasswesen, aber auch an einer großen Anzahl römischer Lehren.

Die Grundansicht ergibt sich aus der Sicht, dass im Evangelium die Rechtfertigung allein aus dem Glauben ohne alle Werke verheißen ist.

  • Die öffentliche Auseinandersetzung mit der römischen Kirche begann mit der Eröffnung des Inquisitionsverfahrens 1518.
  • In der Folge nach der Bannandrohungsbulle 1520 kam es mit der Bannbulle 1521 zur Exkommunikation Luthers.
  • Am Wormser Reichstag 1521 wurde die Reichsacht verhängt, angewiesen war nunmehr Luther auf den Schutz seines Landesherren Kurfürst Friedrich des Weisen.
  • Die Maßnahmen konnten nicht verhindern, dass in vielen Territorien des Reiches Anhänger der Reformation sich sammelten.
Zentrum der lutherischen Reformation war Wittenberg, in der Schweiz um Hudreych Zwingli Zürich und um Johanne Calvin Genf.

  • Der Versuch am Augsburger Reichstag 1530 mit der "Confessio Augustana"/ CA Anerkennung und Duldung der Reform zu erwirken und eine Kirchenspaltung zu verhindern scheiterte.
  • 1529 führten bereits Differenzen in der Abendmahlsfrage zu eigenen Entwicklungen der lutherischen Reformation, die weite Teile Skandinaviens und des Baltikums erreichten.
    • Die von Zwingli und Calvin reformierte Gestalt der Reformation bildete sich mit Gemeinden in der Schweiz, Frankreich, Schottland und in einigen Gebieten Deutschlands.
    • In England bildete sich die "Anglikanische Nationalkirche".
    • Weitere Abspaltungen kamen durch die Gründung von Freikirchen.
  • 1555 wurde durch das Prinzip "cuius regio eius religio" die Spaltung reichsrechtlich umgesetzt.
  • Im lutherischen Konkordienbuch von 1580 wurden das apostolische, nizänische und athanasianische Glaubensbekenntnis als die "tria symbola catholica oeconomica" bezeichnet.
Bestimmend war in dieser Epoche die Wahrung der Konfessionsgrenzen.

Am Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte sich ein neues Verständnis von Ökumene im Pietismus. Das Interesse lag in der Verbreitung lebendiger Frömmigkeit über die nationalen und konfessionellen Grenzen hinweg.

  • In der Herrenhuter Brüdergemeinde, von Graf Zinzendorf begründet, gibt es das Verständnis in den verschiedenen Konfessionen eine Erziehungsform Gottes zu sehen.
  • Überkonfessionelle Ausrichtung in einer Gemeinschaft bekehrter Christen gewinnt die Erweckungsbewegung und die Missionsbewegung im 19. Jahrhundert.
  • 1846 wird in London die "Evangelische Allianz" gegründet, die sich als ökumenischer Zusammenschluss über die konfessionellen und nationalen Grenzen versteht.
  • 1855 mit überkonfessionellem Verständnis gründen sich der "Christliche Verein Junger Männer"/ CVJM und 1895 der "Christliche Studentenweltbund".
21.2 Ökumenischer Aufbruch im 19./ 20. Jahrhundert    

Aus der Missionsbewegung heraus und der Erkenntnis einer Behinderung durch die konfessionelle Spaltung entsteht das Bestreben ein gemeinschaftliches Miteinander im überkonfessionellen Einsatz anzustreben.

Nathan Söderblom verwendet erstmals den Begriff "Ökumene", mit dem er das Werk der Versöhnung und Einigung der getrennten Kirchen bezeichnet.

  • Als Beginn der modernen ökumenischen Bewegung wird die Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910 angesehen (vgl. die Bemühungen zu Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Einheit der Kirchen).
  • Die erste Weltkonferenz des "Weltbundes für internationale Freundschaftsarbeit" 1925 in Stockholm befasst sich mit sozialen und friedensethischen Fragen.
  • Die kirchentrennenden Lehrdifferenzen sind Gegenstand der Weltkonferenz der "Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung" 1927 in Edinburgh (Teilnahme vieler protestantischer Kirchen, der Anglikanischen Kirche und Orthodoxen Kirchen, die Römisch Katholische Kirche lehnt ab).
1948 wird der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Amsterdam gegründet. 1971 wird der "Weltrat für christliche Erziehung" als Zweig des ÖRK gegründet.

  • Alle sechs Jahre wird eine Vollversammlung gehalten (vgl. ausführlich NÜSSEL-SATTLER? 2008, 22).
  • Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962-1965 öffnet sich die Römische Katholische Kirche der ökumenischen Bewegung, sie entsendet Beobachter zu den Vollversammlungen des ÖRK. Ab 1968 wird sie Vollmitglied der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung des ÖRK. Damit erhält die Ökumene erheblich an Bedeutung (vgl. Ökumenismusdekret des Konzils "Unitatis redintegratio").
  • Mit der Ökumene-Enzyklika? von Johannes Paul II. "Ut unum sint" (1995) beteiligt sich die Römisch-Katholische? Kirche an offiziellen Dialogen international und national.
  • Im kirchlichen Leben kommt es in der Folge zu vielen Formen eines Miteinander, ökumenischen Gottesdiensten, Begegnungen auf Katholikentagen und Evangelischen Kirchentagen (vgl. die Bemühungen um einen gemeinsamen Religionsunterricht, beispielhaft Hamburg; KEMNITZER-ROSER? 2021, EZW-Texte? 271/2021) .
  • Neben allen Bemühungen spielt der 1983 nach der ÖRK-Vollversammlung? in Vancouver angestoßene konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung eine wichtige Rolle in der ökumenischen Bewegung. Damit findet auch die Stimme der Kirchen in der Politik ein Gehör.
Auf europäischer Ebene spielt die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) eine Rolle.

  • Wichtig sind nationale Organisationen geworden, die in Arbeitsgemeinschaften in Ortsgemeinden Träger des ökumenischen Gedankens sind.
  • Ziel ist im Kennenlernen und Austausch der Kirchen, theologische Erkundungen und kulturelle Prägungen in Verbindung mit Glaubensüberzeugungen als wichtige Faktoren zu reflektieren.
21.3 Konfessionelle Eigenarten    

Die Konfessionsgemeinschaften bilden in ihrer Geschichte konfessionelle Identitäten und sind unterschiedlich organisiert. Im ökumenischen Gespräch ist dieser Umstand besonders von Bedeutung.

Die weltweiten Konfessionen haben bereits im 19. Jahrhundert die Notwendigkeit erkannt, sich weltweit zu organisieren.

  • Im reformatorischen Bereich entstanden Weltbünde.
  • Die Orthodoxen Kirchen bereitet sich in der Folge auf der Grundlage ihrer Autokephalie auf ein panorthodoxes Konzil vor.
  • Die Römisch-Katholische? Kirche hat beim Zweiten Vaticanum die Grundlage ihrer Teilnahme neu bestimmt.
21.3.1 Reformatorische Kirchen    

Die reformatorischen Kirchen haben keine überregionalen Verfassungsstrukturen. Das hat mit der politischen Entstehungsgeschichte zu tun (vgl. landeskirchliche Struktur).

Erst mit den internationalen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert erschien es sinnvoll, einen internationalen Verbund einzurichten.

1863 entstand der Weltbund der Adventisten.

1867 wurde die erste Lamberth-Konferenz? der Anglikanischen Gemeinschaft einberufen.

1875 gründeten 21 presbyterianische Kirchen in Europa und Nordamerika in London den Bund der Reformierten Kirchen.

1881 wurden der Methodistische Weltrat, 1905 der Baptistische Weltbund, 1937 das Weltkomitee der Quäker und 1947 der Lutherische Weltbund gegründet.

Die Entscheidung, ob die Ergebnisse ökumenischer Dialoge angenommen werden können, liegt aber bei den Regionalkirchen. Darum müssen internationale Dokumente wie die Konvergenzerklärung von 1982 "Taufe, Eucharistie und Amt" des ÖRK oder die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" von 1999 erst einen Rezeptionsprozess in den regionalen Kirchen durchlaufen.

21.3.2 Orthodoxie    

Die Orthodoxie ist in ihrer Verfassungsstruktur der Autokephalie bzw. Autonomie der einzelnen Orthodoxen Kirchen und der großen Bedeutung des panorthodoxen Konzils begründet.

Fortschritte in der Ökumene sind ohne ein panorthodoxes Konzil nicht erreichbar (vgl. ausführlich NÜSSEL-SATTLER? 2008, 25).

21.3.3 Römisch-Katholische? Kirche    

Die Römisch - Katholische Kirche ist seit dem Zweiten Vaticanum 1962-1965 an ökumenischen Gesprächen beteiligt und arbeitet in Untergruppen des ÖRK mit.

Selbstverständlich wurden im Laufe der Zeit Initiativen der Caritas und Diakonie, ökumenische Themen auf beiden Kirchentagen, in Österreich die Zusammenarbeit im nationalen ÖRK (vgl. http://www.oekumene.at [7.7.21]).

21.4 Aktuelle Herausforderungen    

Die weltweiten und regionalen ökumenischen Bemühungen erfordern Anstrengungen zur Koordination (vgl. NÜSSL-SATTLER? 2008, 26-28).

Man kann davon ausgehen, dass etwa

  • schwindendes religiöses Wissen und religiöse Persistenz,
  • geringe Möglichkeiten freiwilliger Mitarbeit mit attraktiven Angeboten von qualifizierter Fortbildung und
  • schwindende Finanzkraft der Kirchen in Europa
zu Reformen ermutigen müsste.

Die heutigen Kommunikationsmittel erleichtern positive Entwicklungen zu ermöglichen.

  • Ökumenische Erwachsenenbildung (Fernlehre),
  • Netzwerkarbeit zur Bildung ökumenischer Gemeindepartnerschaften, ökumenischer Kooperation im Religionsunterricht, diakonischer Ökumene und
  • Kommunikation mit handlungsorientierten Aktivitäten (Projektarbeit)
wären mit relativ geringem Aufwand zu organisieren.

Es gibt nach der bestehenden Fachliteratur weder in Deutschland noch in Österreich keine Institution, welche Bereiche erweiterter Formen der Ökumene koordiniert.

22 Reflexion    

Der Kontext zur Politischen Bildung und Interkulturellen Kompetenz, aktuell in "Globalem Lernen" und einem "Friedenslernen", verstärkt Bemühungen um eine christliche Ökumene, wie sie beispielhaft schon seit Jahrzehnten im sozial-diakonischen Bereich umgesetzt werden.

Für eine Religionspädagogik ergeben sich in der Querschnittsmaterie (Unterrichtsprinzip) einer Politischen Bildung vielfältige Möglichkeiten, die Themenbereiche Globalisierung und Multireligiosität einer Gesellschaft, aus der religiösen Basis der Lehrinhalte eines Religionsunterrichts in der Folge aufzuarbeiten.

Eine so verstandene kulturell-religiöse Bildung bereichert einen zukunftsfähigen Bildungsprozess.

Aus Autorensicht wäre ein Universitätslehrgang "Religion", ökumenisch konzipiert, eine Bereicherung einer Weiterbildung im akademischen Bereich.

Literaturverzeichnis Ökumene    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/ oder direkt zitiert werden.

Frieling R. (2006): Im Glauben eins - in Kirchen getrennt? Visionen einer realistischen Ökumene, Göttingen

Kemnitzer K. - Roser M. ( Hrsg.)( 2021): "All together now !?". Ein Schreibgespräch zum Religionsunterricht in Hamburg (RUfa 2.0), EZW-Texte? 271/2021, Berlin

Körtner U. H.J. (2005): Wohin steuert die Ökumene? Vom Konsens- zum Differenzmodell, Göttingen

Lies L. (2005): Grundkurs Ökumenische Theologie. Von der Spaltung zur Versöhnung. Modelle kirchlicher Einheit, Innsbruck-Wien?

Nüssel Fr.- Sattler D. (2008): Einführung in die ökumenische Theologie, Darmstadt

Pollak D.- Rosta G. (2016): Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1751, Bonn

Uhl H. (Hrsg. (2003): Taschenlexikon Ökumene,. Frankfurt-Paderborn?

Reflexion    

Für Österreich sind die Ergebnisse der Europäischen Wertestudie 2011/ 2018 der Universität Wien und die rechtliche Stellung der Religionsfreiheit im nationalen und internationalen Kontext von grundlegender Bedeutung.

Konkret erscheint dem Autor eine Absicherung des Kontinuums Taufunterricht-Religionsunterricht-Konfirmandenunterricht-Erwachsenenbildung? unter religionspädagogischen Aspekten wesentlich zu sein. Hier sind Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden.

Die Jahrestagung 2019 der ÖGPB widmet sich einer Thematik, die zunächst schulisch fächerübergreifend Politische Bildung ermöglicht und einen aktuellen Bezug aufweist.

Das Funkkolleg des HR 2018/ 2019 wendete sich an das breite Publikum mit der Intention, erwachsenenpädagogisch in einem Mediumverbund - Hörfunk, Begleitbuch und Präsenztage - die Thematik zu behandeln.

Erwachsenenpädagogisch und in der Lehrer_ innenbildung ergeben sich daraus

  • Themenstellungen in der Allgemeinen Erwachsenenbildung, wobei Kirchlichen Bildungswerken in ihrem Bildungsauftrag zunehmend eine Bedeutung zukommt.
  • Wissen und Haltungsorientierung sind für den Autor durch die Absolvierung der Universitätslehrgänge Politische Bildung (2008) und Interkulturelle Kompetenz (2012) sowie den Lehrgang Ökumene der Kardinal König-Akademie? Wien (2007) bedeutungsvoll geworden.
  • Zu beachten sind in der konfessionellen {Religionslehrer innen-Ausbildung}? die Themenbereiche Schulrecht/ Religionsunterrichtsgesetz, Ökumene/ Interkulturalität, Politische Bildung und Schulentwicklung.
  • Für das Lehramt Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung/ Fachdidaktik Politische Bildung ergibt sich die Thematik aus der Aktualität und fächerübergreifender Aspekte.
Kritisch anzumerken ist die vermehrte Notwendigkeit interkultureller Lernkulturen, die mit einem Unterrichtsprinzip nicht abzudecken ist (vgl. HOLZBRECHER 2005, 392-406; DICHATSCHEK 2017b). Der Kontext mit Politischer Bildung ist notwendig, reicht aber nicht aus. Gefordert sind neben dem Kombinationsfach Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung auch die Landeskunde in Geographie und Wirtschaftskunde, der Religionsunterricht und der Kunstunterricht.

Ein konkreter Ansatz für die Behandlung und Umsetzung der Thematik sind neben einer zeitgemäßen Lehrerbildung auch Schulentwicklungsprojekte im Kontext von Religion und Religionsunterricht (vgl. BATTKE-FITZNER-ISAK-LOCHMANN? 2002).

IT-Autorenbeiträge?    

Die Autorenbeiträge dienen der Ergänzung der Thematik.


Netzwerk gegen Gewalt > http://www.netzwerkgegengewalt.org

Politische Bildung

Interkulturelle Kompetenz

Lernfeld Politik

Globales Lernen

Religionspädagogik

Christentum

Protestantismus

Erwachsenenbildung

Lehrerbildung

Lehramt

Zum Autor    

APS-Lehramt? - VS, HS und PL (1970, 1975, 1976); zertifizierter Schüler- und Schulentwicklungsberater(1975, 1999); Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol (1993-2002)

Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), des 1. Lehrganges Ökumene/Kardinal König-Akademie? Wien/ Zertifizierung (2006), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt?/ MSc (2008), der Weiterbildungsakademie Österreich/Wien /Diplome? (2010), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/Diplom (2012), des 4. Internen Lehrganges für Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/Zertifizierung (2016), des Online-Kurses? "Digitale Werkzeuge für Erwachsenenbildner_innen"/ TU Graz-CONEDU-Werde? Digital at.-Bundesministerium für Bildung, Wien/Zertifizierung (2017), des Fernstudiums Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/Zertifizierung (2018), des Fernstudiums Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium- Comenius Institut Münster/ Zertifizierung (2020)

Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften/ Universität Wien - Berufspädagogik-Vorberufliche? Bildung (1990/1991-2010/2011), am Fachbereich Geschichte/ Lehramt Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung/ Didaktik der Politischen Bildung (2016, 2017), am Kirchlichen Lehrgang der Superintendenz Salzburg und Tirol 2018-2020 "Basis-Ausbildung? zur Religionslehrerin/zum Religionslehrer(evangelisch) an Allgemeinbildenden Pflichtschulen(APS)"/Pädagogische Impulse in Unterricht und Lehre - Interkulturalität (2018-2020)

Kursleiter an den VHSn des Landes Salzburg Zell/See, Saalfelden und Stadt Salzburg (2012-2019), Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche in Österreich (2000-2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerk in Tirol (2004-2009, 2017-2019), VHS Tirol (2024)

Aufnahme in die Liste der sachverständigen Personen für den Nationalen Qualifikationsrahmen/ NQR/ Wien (2016)


MAIL dichatschek (AT) kitz.net

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 11. April 2024